Butcher Erlkönig

Jim Butcher: Erlkönig (Die dunklen Fälle des Harry Dresden #7)

Als am 3. Mai 2005 das Hardcover zu Jim Butchers siebten Buch der Dresden-Files erschien, war er als Superstar der Urban Fantasy gefestigt. Die beständige Steigerung der einzelnen Bände hatte dafür gesorgt, dass nun alle seine Bücher in den Bestseller-Listen auftauchten. Wenn also der Erlkönig (im Original Dead Beat) als das bisher beste Buch der Reihe gehandelt wird, dann liegt das vor allem daran, weil Butcher all das macht, was er vorher schon getan hat, aber er erweitert seinen Handlungsspielraum um ein Vielfaches. Das bedeutet auch, dass dieses Buch im Vergleich zu seinen Vorgängern recht dick geworden ist, ohne allerdings an Dichte einzubüßen. Sicher lässt sich Butcher hier das ein oder andere Mal mehr Zeit als gewöhnlich, aber am Ende siegen der schiere erzählerische Mut und ein Plot, der alles bisherige übertrifft.

Wieder einmal wird Harry Dresden in eine Situation hineingeworfen, die zunächst trügerisch einfach erscheint, aber im Laufe der Geschichte immer chaotischer und komplexer wird. Angesichts der Bedrohung gegenüber seiner Freundin Karrin Murphy durch die finstere Vampirin Mavra erklärt sich Dresden bereit, „Kemmlers Wort“ zu beschaffen. Dresden erfährt im Zuge seiner Ermittlungen, dass dieser rätselhafte Kemmler einst der furchterregendste Nekromant war, der jemals schwarze Magie praktiziert hat – und er erfährt dies von Bob, seinem assistierenden Luftgeist, der in einem Schädel in seinem Kellerlabor haust. Bob offenbart Harry, dass er einst – vor langer Zeit – der Assistent dieses Kemmler war.

Natürlich findet Dresden schnell heraus, dass er nicht der einzige ist, der hinter dieser dunklen Magie her ist. Auch eine ganze Reihe von Kemmler-Jüngern ist hinter ihr her, und wie alle guten Erzschurken schrecken sie vor nichts zurück. Halloween ist nahe, und Harry erfährt, dass besser keiner der Nekromanten Kemmlers Zaubersprüche bekommen sollte, weil dadurch nicht nur unsägliches Unheil angerichtet würde, sondern derjenige auch nahezu gottgleiche Macht erhält. Es liegt also an Harry, das Wort zuerst zu finden – oder, falls das nicht gelingt, die Pläne der Kemmler-Jünger mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu durchkreuzen.

Butcher hatte ein halbes Dutzend Bücher lang Zeit, um herauszufinden, ob seine Formel für ihn funktioniert. Dennoch ist er geschickt genug, um sich nicht zu wiederholen. Er lässt es zu, dass jeder Band der aufgebauten Mythologie ein wenig mehr hinzufügt. Hier ist eine komplexe Metastory am Werk, und man fragt sich, ob Butcher wirklich einen Endpunkt im Sinn hat; dass wir eines Tages tatsächlich Dresdens letzte Schlacht erleben werden.

Hier wird die vielschichtige Erzählung wieder einmal mit Leben gefüllt, indem nicht nur Dresdens eigene Charakterentwicklung, sondern auch die der unzähligen Nebenfiguren eine neue Dimension erhält. Einige bekannte Gesichter nehmen sich eine Auszeit – obwohl sie hier angeblich in Gefahr ist, verbringt Murphy das ganze Buch über einen Urlaub auf Hawaii mit dem Söldner Kincaid, was Harry einige amüsante kleine Eifersuchtsanfälle beschert, die er sich nicht so recht eingestehen will -, während andere, die bisher nur kleine Rollen hatten, in die vorderste Reihe aufsteigen. Harry wird dieses Mal von Butters unterstützt, dem nebulösen Gerichtsmediziner, der im vorigen Band eingeführt wurde, und Thomas‘ neue Rolle in Harrys Leben hat sowohl zu Spannungen als auch zu einem tiefen Band der Freundschaft geführt. Und schließlich ist Harrys entzückendes Hündchen Mouse kein Hündchen mehr. Es wird allmählich offensichtlich, dass hinter diesem sabbernden pelzigen Freund mehr steckt, als man auf den ersten Blick sieht.

Auch mit diesem Buch (oder gerade mit diesem Buch) zeigt Butcher, warum er so ziemlich alle anderen Urban-Fantasy-Autoren in den Schatten stellt.

Pulp Matters

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Hat sich in Studien durch die Weltliteratur arbeiten müssen, fand schließlich mehr Essenz in allem, was mit Krimi und Horror zu tun hat.

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