Straßenmagier

Bryan Camp – Der Straßenmagier; Die Götter von New Orleans (Urban Fantasy)

Der Strassenmagier; Die Goetter von New Orleans von Bryan Camp

Obwohl das Cover von Bryan Camps Urban Fantasy-Auftakt nicht gerade dazu einlädt, mich hinter irgendeinem Ofen hervorzulocken, sollte man das nicht dem Autor ankreiden. Wir wissen alle, dass deutsche Verlage nicht gerade ein glückliches Händchen in Sachen Cover haben, was – und auch das muss erwähnt werden – auch dem Publikum geschuldet ist, das damit angesprochen werden soll.

Ich bin mir sicher, das Buch kommt dennoch in die richtigen Hände, denn bei diesem Auftakt zur Reihe „Die Halbmondstadt“ handelt es sich um einen Urban-Fantasy-Roman. Allerdings muss er sich – wie fast alle Romane dieser Art – natürlich an Jim Butchers Harry Dresden messen lassen. Mehr noch, es wirkt so, als hätte Bryan Cramp Harry Dresden mit Neil Gaimans American Gods verknüpft, um zu seinem eigenen Ergebnis zu kommen.

Der Unterschied besteht darin, dass der Schauplatz eine Stadt ist, die sich in Sachen Mythen nicht gerade verstecken muss – New Orleans. Um ehrlich zu sein, war das auch der Grund, warum ich mich überhaupt für diesen Roman interessieren konnte. Dresden-Klone gibt es schließlich wie Sand am Meer, und alle schneiden eher bescheiden ab.

Jude Dubuisson ist ein Straßenmagier aus New Orleans, dessen besonderes Talent darin besteht, verlorene Dinge wiederzufinden – ein Talent, das nicht auf Irreführung und Intuition beruht, sondern auf echter Magie, die ihm von einem Vater vererbt wurde, den er nie kennengelernt hat. Ein Vater, der … mehr als ein Mensch ist, was Jude zu einer Halbgottheit macht. Doch als der Hurrikan Katrina aufzog, wurde Jude von dem immensen Ausmaß des Verlustes überwältigt und verschwand von der Bildfläche.

Er wird in ein Kartenspiel zwischen Unsterblichen hineingezogen. Ein Kartenspiel, bei dem sein Körper zerrissen und unter den Siegern verteilt wird. Ein Kartenspiel, das das Schicksal der Stadt bestimmt.

Der Roman beginnt jedes Kapitel mit einer Schöpfungsgeschichte oder Mythologie, die Parallelen zwischen den heutigen Ereignissen und diesen Mythen zieht: Szenen und Verbindungen ziehen sich durch die Kapitel und fügen eine neue Perspektive hinzu, um das Alte und das Neue zu betrachten. Der Schreibstil ist beschreibend, vielleicht sogar zu beschreibend, was sich hier und da mehr wie ein Drehbuch liest, bei dem jeder Moment und jeder Augenaufschlag darauf abzielt, ein bestimmtes Bild hervorzurufen, so dass der Leser passiv bleibt und schlecht in die Geschichte hinein findet.

Camps Schreibstil ist zwar reizvoll, aber die übermäßige Verwendung von Worten, die scheinbar nur dazu dienen, den Leser auf einen vom Autor vorgegebenen Weg zu lenken, lässt die persönliche Beteiligung an der Geschichte nicht zur Entfaltung kommen. Dennoch ist die Geschichte in einem angenehmen Tonfall vorgetragen, der Momente der Spannung, der Introspektion und der Action gleichermaßen gut wiedergab und so die Klarheit und das auditive Interesse an einer Handlung aufrechterhielt, die sich oft im Aufbau von Raum, Ort oder Geschichte verzettelt.

Kurz gesagt, Camps Schreibstil ist faszinierend, und niemand kann behaupten, dass er Worte nicht wirkungsvoll einsetzen kann, aber es fehlte der Fokus auf die Entwicklung irgendeines seiner Protagonisten.

Allerdings, und auch das sei vermerkt, kann dieser Roman nur in New Orleans spielen. So viele Städte haben ihre eigene Mystik (man denke an New York, London, Paris), aber die Mischung aus Heiligem und Profanem ist in New Orleans einzigartiger und effektiver als anderswo. Die Götter und Monster (oft beides), die dieses Buch beiläufig bevölkern, fangen den Geist und die Legende von New Orleans ein und gehen über die bloße Atmosphäre hinaus.

Das Buch ist vollgepackt mit Charakteren, sowohl gutartig als auch bösartig. Jude selbst hingegen könnte zwar fesselnd sein, weil er dadurch Zugang zu den Göttern und übernatürlichen Wesen hat, während er gleichzeitig seine Verbissenheit gegenüber der Menschheit beibehält, bleibt für mich aber eher uninteressant.

Ich selbst werde der Serie zwar nicht weiter folgen, was aber nicht bedeuten soll, dass es sich hier um einen Rohrkrepierer handelt. Für die meisten Leser, die mit Urban Fantasy etwas anfangen können, wird dieses Buch wahrscheinlich sogar ein Volltreffer sein.

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Pulp Matters

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Hat sich in Studien durch die Weltliteratur arbeiten müssen, fand schließlich mehr Essenz in allem, was mit Krimi und Horror zu tun hat.

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