Jörg Kleudgen & Uwe Voehl: Arkheim (Goblin Press)

Jörg Kleudgen, dem die Goblin Press gehört, gab gemeinsam mit Uwe Voehl, einer anderen umtriebigen Größe, 2016 den Roman „Arkheim“ heraus. Nun ist das in unserem Metier mit Romanen so eine Sache, stellt hier aber keines der üblichen Probleme dar, denn man könnte Arkheim auch einfach nur als Kurzroman oder etwas längere Geschichte bezeichnen, die auf drei bereits von Uwe Voehl verfasste Erzählungen zurückgreift, die hier von Jörg Kleudgen einen Rahmen bekamen, wobei ich selbst nicht herausfand, wessen Hand für welche Passage zuständig war. Und so sollte es sein.

Eine mögliche Hürde tut sich auf, wenn man bedenkt, dass natürlich Lovecrafts Version von Salem, die er Arkham genannt hatte, hier die nach Deutschland transportierte Patenschaft andeutet. Im Verlauf der Lektüre wird jedoch schnell klar, dass diese imaginäre Hürde auch wirklich nur imaginär bleibt. Arkheim deutet vor allem auf die beabsichtigte und zu erwartende Atmosphäre hin. Arkheim selbst wird durch eine kleine Historie vorgestellt und bekommt dadurch seinen unabhängigen Charakter. Eine Siedlung namens „Argheym“ wird im elften Jahrhundert erstmals schriftlich erwähnt. Der Name bezog sich auf die Salzsümpfe, welche die Stadt noch heute umgeben. Das trifft genau auf Bad Salzuflen zu. Allerdings ist Bad Salzuflen natürlich nicht identisch mit Arkheim, aber solche Manöver festigen die Darstellungen. Im Hintergrund läuft die Existenz der realen Stadt stets mit, da gibt es nie auch nur einen Zweifel daran. Es ist ungefähr das gleiche Phänomen wie man es von in der Literatur dargestellten Figuren kennt. Als Autor arbeitet man die Biographien und Hintergründe so genau aus wie möglich, am besten anhand ganzer Genealogien. Umso detailreicher man vorgeht, desto lebendiger wird die Figur später sein, auch wenn man die meisten Informationen gar nicht in den Text einarbeitet. Später lesen wir in Semmelbachs Notizen noch mehr darüber. Arkheim = Heim der Arche. Und so werden wir mit einem besonderen Arche-Motiv konfrontiert, und dieses wiederum lässt sich erneut untergliedern:

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Steven Erikson: Das Spiel der Götter. Ein Vorgespräch

Wie einige der legendärsten Fantasy-Welten hat auch die Welt um Malazan ihre Wurzeln im Tabletop-Spiel. Ab 1981 begannen die beiden kanadischen Autoren Ian Cameron Esslemont und Steven Erikson mit Hilfe von Advanced Dungeons and Dragons (später GURPS – Generic Universal Role Playing System), eine Fantasy-Welt zu erschaffen, wie sie noch nie zuvor gesehen worden war.

Oftmals ist die Veröffentlichungspolitik deutscher Verlage eine einzige Katastrophe. Da werden Serien begonnen und nie zu Ende geführt, die Übersetzungen sind im besten Fall durchwachsen, die Editionen werden mittendrin ohne Sinn und Verstand gewechselt. Was die Übersetzung betrifft, hat man hier mit Tim Streatmann einen Glücksgriff getan, auch wenn Das Spiel der Götter als Titel von “Malazan Book of the Fallen” leicht daneben liegt, denn er impliziert ein Spiel, das die Götter spielen, was nicht der Fall ist; vielmehr tanzen hier viele Mächte ein Ringelreihen, und Götter können selbst von Sterblichen besiegt werden.

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Nighttrain: Nachtschatten (Hrsg. Tobias Reckermann)

Natürlich werde ich keine Besprechung eines Buches anbieten, in dem ich selbst vertreten bin, obwohl ich es könnte. Schweigen aber will ich auch nicht, denn diese Veröffentlichung bedeutet mir mehr als viele der bisherigen. Oftmals bin ich nur dabei gewesen, mit den meisten Autoren neben mir konnte ich mich beim besten Willen nicht vergleichen. Das liegt nicht an den Autoren, sondern an mir. Ich habe eine völlig andere Auffassung von Literatur, der Notwendigkeit zu schreiben, dem Leben selbst. Hier bekommt der Leser natürlich auch „nur“ eine Anthologie geboten, aber diese hier ist anders. Nicht nur dass sie ein Thema hat – das haben viele, wenn nicht gar alle in gewisser Weise -, sondern dass sie eine Verneigung vor Thomas Ligotti bedeutet. Nicht im Sinne einer Anbiederung und eines stilistischen Nacheiferns, dazu sind die hier versammelten Autoren nicht berufen, sondern in ihrer Haltung.

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Das leere Bett

In einem Film von David Lynch, den jeder hasst außer mir – Twin Peaks: Fire Walk With Me – gibt es einen der verstörendsten Momente des ganzen Horrorfilm-Genres (in Cannes buhte das Publikum bei der Premiere den Film aus, aber was wissen die schon). Für sich selbst genommen ist der Film nicht nur ein unterschätztes Juwel über die letzten tragischen Tage einer jungen Frau, sondern auch einer der furchterregendsten Filme der 90er Jahre. Ohne den schrulligen Humor der Serie betrachtet ist er ein geradlinig erzählter Alptraum, in dem alle gesunden Facetten des kleinbürgerlichen Amerikas durch und durch dunkel und verrottet sind.

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Der König in Gelb / Robert W. Chambers

Die Sammlung seltsamer Jugendstil-Geschichten des amerikanischen Autors Robert W. Chambers blieb nahezu für ein ganzes Jahrhundert ein ungelesenes Buch. Die erste Hälfte des Buches besteht aus vier unheimlichen Geschichten, die, außer der losen Verbindung des Königs in Gelb, nichts miteinander zu tun haben.

Der König in Gelb ist ein Buch, das jeden, der es liest, in den Wahnsinn treibt. Chambers‘ Sammlung war für damalige Verhältnisse seiner Zeit weit voraus. Sie ist einer der ersten literarischen Metatexte, einer Form, die bei so verschiedenen Autoren wie Franz Kafka, H. P. Lovecraft und Vladimir Nabokov Verwendung fand. Das Spiel mit Andeutungen, der literarische Isis-Schleier wurde hier geboren. Im letzten Jahr (2014), wurde dieses Buch, das zum Zentrum der HBO-Serie „True Detective“ avancierte, an die Spitze der Amazon-Bestsellerlisten katapultiert. Aber auch in dieser ersten Staffel bleibt der König in Gelb ebenso ungesehen wie im Buch. Aufreizend angedeutet zwar, aber nie aufgedeck

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Wolfgang Hohlbein – Die Spur des Hexers

Heute geht es um Wolfgang Hohlbein und seinen Hexer von Salem. Das war eine Roman-Serie, die von 1985 bis 1987 im Bastei-Verlag erschien, vorher aber schon im legendären Gespenster-Krimi startete, auch wenn es dort nur zu sechs Ausgaben kam. Später wurde die Serie im Taschenbuch weitergeführt und zum Schluss wurden 24 überarbeitete Bücher daraus. Hohlbein musste sich in vielen kindischen Kommentaren der Kritik aussetzen, dass er sich ordentlich bei Lovecraft bedient hat. Interessanterweise ist das genau der Sinn der Sache, aber im Gegensatz zu den Vielen, die heutzutage versuchen, wie Lovecraft zu klingen oder sogar Lovecraft zu sein, spinnt Hohlbein eine ganz eigene Variante im kosmischen Horror zusammen, die natürlich auf Unterhaltung abzielt – auf was denn sonst? Ich möchte mir an dieser Stelle die Serie eine Zeitlang anschauen und beginne mit dem Buch Die Spur des Hexers. Hohlbein hat erst 1990 den eigentlichen Beginn seiner Geschichte veröffentlicht. In diesem Prequel treffen wir Robert Craven nur am Rande an, denn er ist dort erst drei Jahre alt. Hauptakteur ist demnach dessen Vater Roderick Andara.

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