Der Horror in Amerika nach dem Roe-Urteil

Eine verfallene und ergraute Landschaft. Drückendes, miserables Wetter. Frauen, die sich in ständiger Gefahr befinden, und die Männer, die sie dorthin gebracht haben. So könnte der Klappentext für einen klassischen Brontë-Roman lauten. Es könnte auch den Sommer 2022 nach dem Fall von Roe v. Wade beschreiben.

In Amerika ist unser Leben zu einer Horrorgeschichte geworden. Wir haben zugesehen, wie es langsam geschah, bis es über Nacht dann so weit war. Wie eine Figur, die sich in einem Spukhaus verirrt hat, sitzen wir nun in der Falle – und wenn wir uns nicht darüber klar werden, was uns in diese Situation gebracht hat, kommen wir vielleicht nie wieder heraus.

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Zorro (Der mexikanische Robin Hood)

Zorro, “der Fuchs”, wurde 1919 von dem Schriftsteller Johnston McCulley für seine Pulp-Serie “The Curse of Capistrano” erschaffen. Diese ungemein erfolgreiche Geschichte war die erste von 65, in denen der romantische Held im spanischen Reina de Los Angeles in Kalifornien gegen Ungerechtigkeiten aller Art kämpfte.

Zorro

McCulley war ein ehemaliger Zeitungsmann und schrieb von Krimis bis Western alles. Er stellte Zorro am 9. August 1919 in der Zeitschrift Argosy‘s All-Story Weekly vor. The Curse of Capistrano endete nach der fünften wöchentlichen Folge mit der Enthüllung seines Helden. Das gesamte Dorf wusste von da an, dass Zorro Don Diego de la Vega war. Und das Publikum verlangte noch mehr Zorro-Geschichten, nachdem es Douglas Fairbanks Stummfilmadaption gesehen hatte. The Further Adventures of Zorro wurde 1922 veröffentlicht und McCulley schrieb die Zorro-Geschichten bis zu seinem Tod im Jahre 1958.

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Wo liegt Entenhausen?

Es kommt für jeden einmal die Stunde, da er sich die Frage stellt, wo Entenhausen denn eigentlich liegt. Das mag heute weniger zutreffen als noch zu meiner Zeit, als man quasi mit der Micky Maus als Magazin heranwuchs, während man  sich – langsam von der Brust entwöhnt – den ersten Brei einverleiben ließ.

Nun ist die Frage nach dem Wo naturgemäß nicht so leicht zu beantworten, was man allein daran erkennen kann, dass es darüber unterschiedliche Meinungen gibt. Über eine Stadt wie München muss man nicht diskutieren, sie verändert ihren Standort nicht.

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Robin Hood (Der vermummte Räuber)

Im Laufe der Jahrhunderte hat das Erzählen und Nacherzählen der traditionellen Robin Hood-Geschichten dazu geführt, dass endlose Interpretationen entstanden sind, die eine Vielzahl von Comics, Accessoires, Filmen, TV-Serien, Computerspielen usw. umfassen. Da es an unbestrittenen historischen Beweisen mangelt, hat jeder “Geschichtenerzähler” die Gelegenheit genutzt, seine ungezügelte Fantasie zu beflügeln, um der beliebten Legende eigene Wendungen und Verzierungen hinzuzufügen. Infolgedessen hat die Fiktion über die Tatsachen gesiegt und eine Robin Hood-Marke geschaffen, die als Symbol der Popkultur millionenfach reicher geworden ist als es eine echte historische Figur je sein könnte.

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Demenz und Kreativität

Meine 85jährige Mutter, die seit August 2017 in einer Pension und Pflegeeinrichtung lebt, erzählte mir kürzlich eine bemerkenswerte Anekdote: Als ich elf Jahre alt war, gab es eine große Geschichte in den Nachrichten über ein vermisstes dreizehnjähriges Mädchen. Eines Tages entdeckten Mama und Papa das vermisste Kind auf der Straße und brachten es nach Hause, wo es einige Tage bei uns blieb, bis die Behörden es wieder zu ihrer Familie brachten. Was dieser Geschichte ihre eigentliche Pointe Ende gab, war die Entdeckung meiner Mutter, dass eine der Bewohnerinnen in dieser Pflegeeinrichtung genau dieses ehemalige kleine Mädchen ist.

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Zombies – Voodoo oder Wissenschaft?

Obwohl George Romeros Film “Die Nacht der lebenden Toten” aus dem Jahr 1968 oft als der erste moderne Zombiefilm bezeichnet wird, entstand der erste Zombiefilm fast 40 Jahre zuvor unter dem Titel “White Zombie” mit Béla Lugosi als bösem Voodoo-Priester in Haiti. In all den Jahren sind nur eine Handvoll Zombiefilme zu ihren haitianischen Ursprüngen zurückgekehrt – allen voran “Schlange und Regenbogen”.

Zombies
Zombies
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Arthur Conan Doyle – Spiritist und Gentleman

Arthur Conan Doyle
Spiritist und Gentleman

Während der Schriftsteller und Arzt Sir Arthur Conan Doyle heute bei den meisten für seinen logisch denkenden Skeptiker Sherlock Holmes bekannt ist, wissen die Horrorbegeisterten aus aller Welt, dass er mit seiner bösartigen Mumie eine der besten Geistergeschichten der englischen Literatur verfasste und erkennen in ihm einen Vorfahren der Lovecraft unterstellten Weird Fiction. Tatsächlich ist Doyle für die Mumie das, was Stoker für den Vampir ist, und seine Geschichten von spitzhackenschwingenden Serienmördern, gespenstischen Folterinstrumenten, Geistern am sonnenlosen Nordpol, verfluchten Werwölfen, gelatineartigen Monstern am Himmel über uns und verunglückten Séancen, sind genauso kühl vorgetragen wie die Holmes-Abenteuer spannend sind. Der enorme Erfolg dieser Detektivgeschichten erlaubte es Conan Doyle, 1891 seine medizinische Praxis aufzugeben und sich dem Schreiben zu widmen. Sein Schaffen war breit gefächert: Theaterstücke, Verse, Memoiren, Artikel über Sport, Kurzgeschichten, historische Romane und schließlich Schauerromane und Schriften über Spiritualismus. Sein erfolgreichstes Werk blieb jedoch Holmes, sehr zu seiner späteren Frustration.

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Dissonanz und Horror

Humorvoll, das ist der einzig ehrliche Weg, um eine traurige Geschichte zu erzählen.“

―Jonathan Safran Foer

Je länger und aufmerksamer wir auf eine lustige Geschichte blicken, desto trauriger stimmt sie uns.“

―Nikolai Gogol

Vor einigen Jahren besuchte ich in Toronto einige Lesungen. Eine der interessantesten Phänomene, die ich dort beobachten konnte, war, dass immer dann, wenn jemand, der zu lesen begann, vorher erklärte, dass es sich dabei um eine Horrorgeschichte handelt, sich der Effekt unmittelbar zeigte: die Zuhörer gingen in die Abwehrhaltung, sie verschränkten ihre Arme, lehnten sich auf ihren Stühlen zurück, begannen die Stirn zu runzeln. Nun waren viele der Zuhörer selbst Autoren von Horrorgeschichten, also war das kein Zeichen von gänzlichem Missfallen gegenüber diesem Genre, wie man vielleicht vermuten könnte. Die Hörer schützten sich selbst. Ihre unmittelbare, einheitliche Reaktion war, sich emotional von der Geschichte zu distanzieren. Niemand von ihnen wollte sich fürchten.

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Von den Hexenjagten

Ich erinnere mich nicht daran, dass ich Hexen fürchtete, als ich aufwuchs. Stattdessen fürchtete ich die Männer, die sie verbrannten. Als merkwürdiges, tyrannisches Kind, das Magie immer für selbstverständlich hielt, nahm ich stillschweigend an, wenn die Hexenjagd jemals wieder beginnen würde, wäre ich nicht sicher. Jemand würde mich schnell als „falsch“ erkennen und an den nächsten Scheiterhaufen binden.

Hexenjagden waren für mich der Stoff, aus dem echte Alpträume sind. Männer würden einen in der Nacht aus dem Bett reißen und in eine dunkle Zelle sperren. Die Chance auf einen fairen Prozess war nicht gegeben. Und sie taten dies angeblich zum Wohle der Nachbarn und der Familie, um sie vor einem zu schützen. Auch zum eigenen Besten würden sie das tun. Bereue vor deiner Hinrichtung, so wie die Flammen dein Fleisch verbrennen und deine Seele erlöst werden wird, sagen sie. Sie würden dich umbringen, um dich zu „retten“.

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Die alte Angst

H.P. Lovecraft schrieb einst den berühmten Satz:

„Das älteste und stärkste Gefühl der Menschheit ist Angst, und die älteste und stärkste Angst ist die Angst vor dem Unbekannten.“

Ich bin weit davon entfernt, dem Propheten aus Providence zu widersprechen, will allerdings anmerken, dass die älteste Angst die Angst vor dem Tod ist. Das Unbekannte ist in der Regel nur beängstigend, wenn Sie der Meinung sind, es könnte Sie verletzten – oder Schlimmeres. Unsere prähistorischen Vorfahren ängstigten sich vor einem Geräusch in der Dunkelheit, weil sie, oft aus gutem Grund, fürchteten, die Ursache des Geräuschs könnte sie töten. Und diese Urangst hat uns nie verlassen. Es steckt fest verankert in unseren Köpfen als ein Mechanismus der Selbsterhaltung. Die Angst vor dem Tod hat uns überleben lassen. Und sie hört nicht auf, uns zu faszinieren.

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