Zombies

Zombies – Voodoo oder Wissenschaft?

Obwohl George Romeros 1968er Film “Nacht der lebenden Toten” oft als der originale moderne Zombiefilm gilt, erschien der erste tatsächlich fast 40 Jahre früher unter dem Titel “White Zombie” mit Béla Lugosi als bösem Voodoo-Priester in Haiti. In all den Jahren sind nur eine Handvoll Zombie-Filme zu ihren haitianischen Ursprüngen zurückgekehrt – vor allem “Schlange und Regenbogen”.

Laut dem Oxford English Dictionary tauchte das Wort “Zombie” erstmals um 1810 im englischen Sprachram auf, als der Historiker Robert Southey es in seinem Buch “History of Brazil” erwähnte. Aber dieses “Zombi” war nicht die vertraute menschenähnliche Monstrosität, sondern eine westafrikanische Gottheit. Später bezeichnete der Begriff die lebenswichtige, menschliche Kraft, die die Hülle eines Körpers ähnlich der Seele verlässt, und letztendlich ein menschliches Wesen, das weder Selbstwahrnehmung, Intelligenz oder eben diese Seele besitzt. Er wanderte durch den Sklavenhandel von Afrika nach Haiti und verselbständigte sich dort zu einem ganz eigenen Mythos.

Voodoo oder Wissenschaft?

Jeder kennt die fiktiven Zombies, aber wenige kennen die Fakten über Zombies. Für viele Menschen, sowohl in Haiti als auch anderswo, sind Zombies äußerst real. Sie sind kein Scherz; Sie sind etwas, das ernst genommen werden muss. Der Glaube an Magie und Hexerei ist in Haiti und der Karibik weit verbreitet, oft in Form von Religionen wie Voodoo und Santeria.

Haitianische Zombies sollen Menschen gewesen sein, die von Voodoo-Priestern, den so genannten Bokors oder Houngan, auf magische Weise von den Toten zurückgebracht (und manchmal auch kontrolliert) wurden. Manchmal wurde die Zombifizierung als Strafe angesetzt (eine starke Angst bei denen, die glauben, sie könnten sogar nach dem Tod noch missbraucht werden ist in der Karibik, aber auch in New Orleans nachweisbar), aber meist wurden die Zombies zur Sklavenarbeit auf Farmen und Zuckerrohrplantagen eingesetzt. 1980 behauptete ein psychisch kranker Mann sogar, zwei Jahrzehnte lang als Zombie-Arbeiter gefangen gehalten worden zu sein, obwohl er die Ermittler nicht zu dem Ort führen konnte, wo er gearbeitet haben wollte. Seine Geschichte wurde nie verifiziert.

Jahrzehntelang sah man im Westen in Zombies kaum mehr als fiktionale Filmmonster, aber diese Annahme wurde in den 1980er Jahren in Frage gestellt, als ein Wissenschaftler namens Wade Davis behauptete, ein Pulver gefunden zu haben, das Zombies erschaffen konnte und somit eine wissenschaftliche Grundlage für Zombie-Geschichten lieferte. Davis glaubte nicht an Voodoo-Magie. Aber er glaubte, dass er etwas gefunden hatte, das die Opfer in einen zombieähnlichen Zustand versetzen könnte: ein starkes Nervengift namens Tetrodotoxin, das in mehreren Tieren, einschließlich Kugelfischen, vorkommt. Er behauptete, Geheimbünde von Bokors infiltriert zu haben und dort an mehrere Proben des Zombiepulvers gekommen zu sein, die später chemisch analysiert wurden.

Davis schrieb ein Buch über das Thema: “Schlange und Regenbogen”, das später in einen Horrorfilm verwandelt wurde. Eine gewisse Zeit lang betrachtete man Davis als den Mann, der das Geheimnis der Zombies wissenschaftlich gelöst hatte. Davis‘ Behauptungen wurden jedoch später von skeptischen Wissenschaftlern angezweifelt, die seine Methoden als unwissenschaftlich ansahen und darauf hinwiesen, dass die Proben des Zombie-Pulvers inkonsistent waren und dass die in diesen Proben enthaltenen Neurotoxinmengen nicht hoch genug waren, um Zombies zu erschaffen. Darüber hinaus müssten die von den Bokors verwendeten Dosierungen exakt sein, da zu viel des Toxins eine Person leicht töten könnte. Andere wiesen darauf hin, dass niemand auf dem kleinen Inselstaat jemals eine der vielen angeblichen Plantagen mit Zombie-Arbeitern gefunden hatte.

In seinem zweiten Buch, “Passage of Darkness” (Die Ethnobiologie des haitianischen Zombies), erkannte Davis die Probleme, die seine Theorien aufwarfen und widerlegte einige der sensationelleren Behauptungen, die ihm zugeschrieben wurden. Dennoch bestand er darauf, dass der haitianische Glaube an Zombies auf (zugegebenermaßen seltenen) Fällen beruhen könnte, in denen eine Person durch Tetrodotoxin vergiftet und später im Sarg wiederbelebt und aus dem Grab genommen wurde. Außerdem fügte er hinzu, dass das Zombie-Phänomen viel mehr sei als nur das Pulver. Das sei nur ein Teil eines tief verwurzelten soziokulturellen Glaubens an die Macht der Hexerei. In der haitianischen Kultur tun Voodoo-Priester viel mehr, als Zombies zu erschaffen. Sie sollen durch Magie sowohl Segen als auch Flüche beherrschen.

Obwohl Zombies im wirklichen Leben ein Mythos bleiben, gibt es mehr als genug Geschichten darüber, um Freunde des Gore und Zombie-Fans für viele weitere Jahre zu befriedigen.

MEP

MEP

Michael Perkampus wurde am 2. April 1969 im Fichtelgebirge geboren. Als Solitär der deutschen Literatur arbeitet er in seinen Texten mit "Bewusstseinsfragmenten" und "Synkopen", einer "philosophischen Phantastik". Von 2005 - 2010 moderierte er die Schweizer Literatursendung "Seitenwind" in Winterthur. Letzte Erzählungen erschienen im Blitz-Verlag unter "Das Kriegspferd", herausgegeben von Silke Brandt. Im Januar 2015 ging das Phantastikon online, später folgte der gleichnamige Podcast. 2018 gab er die Anthologie "Miskatonic Avenue" heraus, deren Namen jetzt für eine Rubrik im Magazin steht. Wer sich für Metaebenen interessiert, sollte sich den Blog "Crossroads" anschauen: https://crossroads.phantastikon.de

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