1996 war das Internet noch jung, und niemand interessierte sich für Erzsébet Báthory, eine ungarische Gräfin, die um die Jahrhundertwende lebte und starb und möglicherweise Hunderte von Dienstmädchen ermordete. Niemand, bis auf den 47-jährigen Dennis Báthory-Kitsz, der eine Oper über sie schreiben wollte. Er hatte Material gesammelt – eine Skizze, eine Bibliografie und einige Fotos von einer Reise zu einem ihrer Schlösser. Um das alles zu organisieren, richtete er die Website bathory.org ein. Sie sollte eine private Ecke im Internet sein, in der Dennis seine Gedanken sammeln konnte – „im Grunde ein Dokument“, sagt er. Aber dann kamen die Fangirls.
Die Erzsébet Báthory-Besessenheit im Zeitalter des Internets weiterlesenKategorie: Journal
Unser Journal bietet Artikel unterschiedlichster Provenienzen. Es handelt sich hier um interessante Geschichten aus allen Bereichen der Kultur.
Die blutige Geschichte der Edinburgh Vaults
Es gibt nur wenige Orte auf der Welt, an denen es so spukt wie in den schottischen Edinburgh Vaults. Die auch als South Bridge Vaults bekannten Gewölbe mit ihren neunzehn Kammern beherbergten die örtlichen Tavernen, Schuster und Geschäfte, hatten aber auch eine dunkle Seite. Die Gewölbe wurden ebenfalls als Versteck von Dieben, Mördern und anderen üblen Gestalten bekannt, was sie zu einem der gefährlichsten Orte der Stadt machte, und wenn man die erschreckenden Berichte bedenkt, die bis heute aus den Gewölben von Edinburgh kommen, sind die Geister der Verbrecher immer noch sehr präsent.

Die Bauarbeiten an den Gewölben waren 1788 offiziell abgeschlossen, und 30 Jahre lang wurde der Raum sowohl von den örtlichen Gewerbetreibenden als auch von der kriminellen Szene für ihre Geschäfte genutzt, und das Geschäft boomte. Auf der Straßenebene der Gewölbe von Edinburgh befanden sich die Ladenfronten, wo die Besucher auf den Märkten nach Waren stöbern und in den Tavernen einen Drink nehmen konnten. Eine Etage tiefer befanden sich die Werkstätten, und direkt darunter gab es eine Etage mit 120 Zimmern, die als Wohnräume genutzt wurden.
In den drei Jahrzehnten, in denen die Gewölbe in Edinburgh in Betrieb waren, lief alles über der Erde reibungslos, sogar für das kriminelle Element, aber dank der schlampigen Handwerkskunst der Erbauer der Gewölbe hatten die Gewölbe der Südbrücke einen großen Fehler, der verhinderte, dass die Tunnel ihr volles Potenzial ausschöpften. Riesige Risse, die sich über die gesamte Brücke erstreckten, ließen das gesamte Abwasser der Stadt in die unteren Ebenen des Gewölbes sickern und machten es nahezu unmöglich, sich längere Zeit in den Arbeits- und Wohnräumen aufzuhalten.
Die blutige Geschichte der Edinburgh Vaults weiterlesenFünf Wege, den Teufel zu überlisten
Sagen wir mal, du hättest ein kleines Teufels-Problem. Vielleicht ist er einfach uneingeladen aufgetaucht und lockt dich nun mit der Erfüllung deiner Herzenswünsche. Eventuell soll eine verflossene Liebe wieder aufflammen, oder er offeriert dir Reichtum, oder die Reduzierung deines Gewichts, oder eine “Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte”. Und obwohl du es besser weißt, obwohl du weißt, dass es sich zu gut anhört, um wahr zu sein, genügt dieses Wissen nicht, um die Offerte einfach zu ignorieren. Vielleicht ist er ja auch nur gekommen, um dich aus Spaß zu quälen und du hast keine Möglichkeit, ihm zu entkommen. Wie geht eine ansonsten aufrechte Seele mit einer Situation wie dieser um?Es kommt natürlich auf die Umstände an, aber deine Möglichkeiten stehen gar nicht mal so schlecht, auch wenn es zunächst nicht so aussieht. Sicher, die einfachste Möglichkeit bestünde darin, den Standard-Vertrag zu nehmen, aber wie viele von uns bereits haben lernen müssen, beinhaltet der Standard-Vertrag nicht immer das Beste, das man herausschlagen kann. Und wenn der Teufel nur da ist, um seine Muskeln spielen zu lassen – es also gar nicht um einen Vertrag geht – magst du dich erst einmal hoffnungslos fühlen. Wie ich das sehe, hast du fünf Möglichkeiten, dich zu retten. Suche dir diejenige heraus, die zu deiner Situation passt, aber bleibe in erster Linie erst mal locker, okay?
Fünf Wege, den Teufel zu überlisten weiterlesenBöse Geschichten: Wenn Mutter weg muss
Erst kürzlich passierte das grundsätzlich Unentschuldbare wieder. Im Film. Trotzdem. Ein französischer Krimi. Das alte Paris, geheimnisvoll schwarz-weiß. Zimperlich sind die Leute dort alle nicht. Aber höflich. Der Sohn sagt mit sanfter Stimme zu seiner Mutter, die erschöpft von einem deftigen Streit mit ihm auf dem Bett liegt: „Dors bien, maman. Repose-toi, maman.“
Das klingt sehr viel hübscher als gemeint. Schlaf‘ gut, Mama, ruh‘ dich aus, Mama. Sagt er ergo und drückt ihr ein Kissen auf das Gesicht. Heult noch, während sie mit den Beinen strampelt. Weil er sie ja eigentlich nicht töten will. Wischt sich trotzig die Tränen mit dem Handrücken ab, als sie sich nicht mehr bewegt, und seufzt deutlich vernehmbar höchst erleichtert auf. Weil er sie tatsächlich nicht auch nur einen Tag länger um sich haben wollte. Weil sie ihn immer nur gegängelt, den Bruder vorgezogen, ihm seine Schwäche, sein Versagen vorgeworfen hat. Und weil sie überhaupt eine fürchterliche, freche, fiese Mutter war. Da zählte ihr Tod für ihn als logische Konsequenz.
Böse Geschichten: Wenn Mutter weg muss weiterlesenUrbane Legenden, wahre Verbrechen, und was beides verbindet
Hören Sie mir zu. Was ich Ihnen erzählen möchte, ist dem Freund des Cousins meines Cousins tatsächlich passiert. Das war vor Jahren, lange bevor wir das Internet oder Mobiltelefone hatten, das muss man bedenken. Und es ist in den Staaten passiert – Sie wissen ja, dass die da draußen große Häuser haben, Häuser mit großen Gärten, die weit von der Straße zurückgesetzt sind. Wie auch immer. Dieses Mädchen, sie ist sechzehn, passt auf die Kinder der Nachbarn auf. Es ist spät, die Kinder sind schon im Bett, und sie sitzt da und macht Hausaufgaben, als das Telefon klingelt – jemand ruft auf dem Festnetz an. Sie geht ran, in der Erwartung, dass ein Elternteil sich danach erkundigt, ob alles in Ordnung ist, aber alles, was sie hört, ist eine Männerstimme. Sie kennt sie nicht. Der Mann sagt: „Haben Sie schon nach den Kindern gesehen?“. Unser Mädchen legt den Hörer auf, verärgert und ein wenig erschrocken über den Scherzanruf. Sie geht zurück an ihre Arbeit. Und dann, ein paar Minuten später, ein weiterer Anruf. „Haben Sie schon nach den Kindern gesehen?“ Diesmal beschimpft sie ihn mit allen möglichen Namen, aber außer schwerem Atmen ist von ihm nichts weiter zu hören. Nach dem dritten Anruf legt sie den Hörer auf und ruft die Polizei an. Die Polizei ist skeptisch, aber zu ihrer Beruhigung erklären die Beamten ihr, dass beim nächsten Mal den Anruf zurückverfolgen werden. Unser Mädchen wartet mit einer Mischung aus Angst und Wut, gespannt darauf, ob sich der Anrufer wieder meldet. Das tut er, und nachdem das Mädchen aufgelegt hat, klingelt das Telefon erneut und die Polizei ist dran. Jetzt klingen die Beamten nicht mehr so skeptisch. „Sie können dort nicht bleiben“, sagen sie ihr. Die Anrufe kommen aus dem Inneren des Hauses, in dem Sie sich befinden“.
Urbane Legenden, wahre Verbrechen, und was beides verbindet weiterlesenIn den Korb niesen: Die Guillotine

Diese vergoldeten Guillotine-Ohrringe von 1793 zeigen oben die phrygische Mütze als Symbol der Freiheit und unten die gekrönten Köpfe des enthaupteten Königs und der Königin. Mit 16.594 Hinrichtungen zwischen Juni 1793 und Juli 1794 wurde die Guillotine zum Symbol der Schreckensherrschaft während der Französischen Revolution.
Sie war sowohl metaphorisch als auch wörtlich zu verstehen.
In den Korb niesen: Die Guillotine weiterlesenÜbersinnlicher Horror in einer säkularen Welt
Ist es einfacher, das Übernatürliche in der Fantasy zu akzeptieren, wo wir bereits unseren Unglauben überprüft haben, bevor wir in eine imaginäre Welt eingetreten sind?
Im Sommer 2018 moderierte ich auf der NecronomiCon Providence ein Panel mit dem Titel „Faithful Frighteners“, auf dem wir die Frage diskutierten, ob es für einen Atheisten schwieriger ist, sich vor einer Geschichte zu fürchten, in der das Grauen von Elementen einer religiösen Weltanschauung abhängt. Glaube ist per definitionem die Suspendierung des Unglaubens, und so schien es mir logisch, dass die berühmte Anthologistin Ellen Datlow auf derselben Tagung sagte, sie finde das Übernatürliche in Kurzgeschichten wirkungsvoller als in Romanen, weil es schwieriger sei, diese Suspendierung des Unglaubens über eine ganze Romanlänge aufrechtzuerhalten. Das ist ein berechtigter Gedanke, und ich bin sicher, dass die meisten Leser so denken. Dem Publikum entging nicht, dass sie diese Bemerkung neben Peter Straub machte, der immer wieder bewiesen hat, wie gut übernatürlicher Horror in Romanlänge funktionieren kann.
Übersinnlicher Horror in einer säkularen Welt weiterlesenDas Hexenmädchen von Pendle Hill
Tatsächlich passiert: Da bringt ein neunjähriges Mädchen seine komplette Familie unschuldig an den Galgen. Lebt frei und mehr oder weniger fröhlich weiter. Entkommt als erwachsene Frau der eigenen Hinrichtung, weil höchst wundersam das Glück über sie wacht. Lebt anschließend offiziell unbescholten weiter, bis…nun, mehr ist nicht überliefert.
Vielleicht hat der Blitz sie getroffen. Vielleicht traf er auch Richter Roger Nowell. Das wäre gerechter gewesen. Aber dies ist keine gerechte Geschichte. Und keineswegs eine nette Geschichte. Da gefällt uns schon die Basis nicht, obgleich sie noch gar nicht richtig erzählt wurde. Großes Defizit: Es fehlt komplett die Moral. Irgendwie berührend, vielleicht betroffen machend, gar heldenhaft und ehrenwert ist da rein gar nichts. Dafür lacht der Teufel sich über so was eins ins Fäustchen.
Das Hexenmädchen von Pendle Hill weiterlesenDie anhaltende Faszination urbaner Legenden
Wir haben ein komplexes Verhältnis zur Angst. Einerseits versuchen wir, alles zu vermeiden, was uns schaden könnte, und lernen von klein auf, uns vor Gefahren zu schützen. Andererseits übt das Unbekannte und Unheimliche in der Dunkelheit eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf uns aus, so dass die Mutigsten unter uns diese Erfahrungen aktiv suchen. Ein Beispiel dafür ist unsere Begeisterung für urbane Legenden. Diese Erzählungen sind mehr als nur Geschichten – sie tragen das verlockende Versprechen in sich, dass in ihnen ein Körnchen Wahrheit steckt. Jeder kennt sie: Bloody Mary, der verschwundene Anhalter oder Krokodile in der Kanalisation. Weil sie uns in der Kindheit oft erzählt wurden, sind sie tief in unserem Gedächtnis verankert.

Wie der Horror mit dem Tod fertig wird
Wir werden durch Symbole, Rituale, Religionen, Sprache und Kunst gelehrt. Unsere gesellschaftliche Sicht der Sterblichkeit verschiebt sich immer dann, wenn sich in unserer Kultur Veränderungen vollziehen. Zum größten Teil, zumindest in der westlichen Gesellschaft, fürchten wir den Tod und versuchen ihn irgendwie zu besiegen, um Unsterblichkeit zu erlangen.
Die Notwendigkeit, den Tod zu besiegen, war stets ein Hauptimpuls der Menschheit. Vielleicht versuchen wir, Unsterblichkeit über die biologische Schiene zu erreichen, indem wir durch unsere Elternschaft versuchen, eine genetische Kontinuität zu erlangen. Ein anderer Weg, auf dem Menschen versucht haben, den Tod zu besiegen, ist durch Kreativität und Erfindungsgabe. Indem wir etwas machen, das über unsere Lebenszeit hinausgeht, versuchen wir die Unsterblichkeit zu finden. Dramatische oder bildende Kunst, Musik, Literatur, Gedanken; neue Wege, der Menschheit zu dienen, ermöglichen dem Schöpfer ein gewisses Maß an Leben jenseits des Grabes.
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