Dies ist eine Legende über Robert Johnson, einen armen Bluesgitarristen, der um Mitternacht an eine Kreuzung ging und einen Pakt mit dem Teufel schloss, um der beste Bluesmusiker aller Zeiten zu werden.
Tief im Mississippi-Delta, im Herzen von Voodoo und okkulten Praktiken, auf einem einsamen Feldweg, fand Robert Johnson, als die Dunkelheit hereinbrach, zu seinem Talent und veränderte die Geschichte der Musik für immer.
Crossroads
Der Begriff “Crossroads” beschreibt wörtlich die Stelle, an der sich die Wege zweier verschiedener Straßen kreuzen. Kreuzungen werden immer schon mit kulturellem Aberglauben und magischen Einflüssen in Verbindung gebracht. Alle möglichen übernatürlichen Kräfte, darunter Feen, Hexen, Trolle, Geister und Dämonen, manifestieren sich angeblich an weniger befahrenen Kreuzungen, um dort ihren dunklen Geschäften nachzugehen.

Gespenstische Kreuzungen werden seit langem für das seltsame Verschwinden von Reisenden verantwortlich gemacht. Geisterhafte Reiter, dunkle Erscheinungen und bedrohliche Kreaturen wurden an einsamen Kreuzungen kurz nach Sonnenuntergang gesehen. Legenden aus dem tiefen Süden der USA besagen, dass Kreuzungen Orte sind, an denen man Pakte mit dem Teufel schließen kann oder an denen Wettkämpfe ausgetragen werden, um die Rechte an einer bestimmten Seele zu erhalten.
Eine alte Legende besagt, dass die verlorenen Seelen von Selbstmördern an einer Kreuzung gefangen bleiben. In der Nacht von Halloween am 31. Oktober, erscheinen die Seelen der Toten und können an der Kreuzung beschworen werden.
Die berühmteste Kreuzungslegende stammt aus der Deltastadt Greenwood, Mississippi. In den frühen 1900er Jahren war die Sklaverei bereits seit mehreren Jahrzehnten abgeschafft, aber das Leben im Delta war für die ehemaligen Sklaven und ihre Familien oft genauso bedrückend wie das Sklavenleben vorher.
Die ehemaligen Sklaven waren freie Männer und Frauen, aber die meisten von ihnen, die um die Jahrhundertwende noch nicht in den Norden gezogen waren, arbeiteten immer noch auf den Plantagen der Südstaaten als Sharecropper. Sie arbeiteten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf den Baumwollfeldern und verrichteten in der brütenden Hitze Schwerstarbeit, für die sie fast kein Geld bekamen.
In dieser Zeit suchten die hart arbeitenden Menschen nach Möglichkeiten, dem grausamen und quälenden Dasein im Delta zu entkommen. Kirchenlieder, Poesie und Arbeitslieder entwickelten sich zu einem musikalischen Zeitvertreib. Damals wusste noch niemand, dass im Mississippi-Delta eine Musikrichtung geboren werden sollte, die die Welt revolutionieren würde: Rhythm and Blues.
In den Außenbezirken der Gemeinden entstanden Bars, die so genannten Juke Joints. Juke Joints waren Orte, an denen Feldarbeiter an den Wochenenden Whiskey trinken, Kontakte knüpfen und den Blues hören konnten.
Die Juke Joints waren sehr beliebt und umstritten. Die örtlichen Kirchen betrachteten sie als Häuser des Teufels und glaubten, dass jeder, der diese Orte besuchte, seine Seele an den Teufel verlieren würde.
Robert Johnson verschwindet
Robert Johnson wurde 1911 in eine Familie von Landarbeitern im Süden geboren. Sein Vater beging Selbstmord, als Robert noch sehr jung war, und seine Mutter heiratete erneut einen Mann, der die Familie körperlich misshandelte. Im Alter von sechzehn Jahren lief Robert weg und ging zum ersten Mal in einen Juke Joint, wo er sich in die Bluesmusik verliebte. Er besorgte sich eine alte Gitarre und wurde Musiker.

Es gab nur ein Problem: er konnte nicht besonders gut Gitarre spielen. Er versuchte mehrere Jahre lang zu lernen, bekam aber nicht einmal die einfachsten Blues-Songs hin. Er war so schlecht, dass die damaligen Musiker ihn nur deshalb auf die Bühne riefen, um ihn zum Spaß vorzuführen. Das Publikum lachte über ihn und machte Witze.
Schließlich verliebte sich Robert und heiratete. Er gab den Blues auf und ließ sich nieder, um das zu werden, was er immer gehasst hatte: ein Farmpächter. Seine Frau wurde schwanger und es sah so aus, als hätte er sich an das Leben als Farmer gewöhnt. Aber das Schicksal hatte andere Pläne mit ihm. Seine Frau bekam Probleme bei der Geburt und sowohl sie als auch das Baby starben während der Wehen. Robert war darüber so erschüttert, dass er die Farm nur mit seiner Gitarre verließ und lange Zeit spurlos verschwand.
Dann, an einem heißen Sommertag neun Monate später, kam Robert Johnson so plötzlich zurück in die Stadt, ebenso unerwartet wie er verschwunden war, und veränderte die Musikgeschichte. Das Publikum in der örtlichen Kneipe war bereit, sein komisches Gitarrenspiel zu hören, um etwas zum lachen zu haben, aber stattdessen betrat er die Bühne mit seiner Gitarre und riss das Publikum mit.
Keiner konnte glauben, was er da hörte. Roberts Gitarrenspiel hatte sich nicht nur verbessert, er war jetzt der phänomenalste Gitarrist, den man je gehört hatte, einschließlich der Meister wie Charlie Patton und Son House.
Die Musiker, die Robert einst ausgelacht hatten, schämten sich nun, neben ihm zu spielen. Die Leute reisten aus dem ganzen tiefen Süden an, um ihn spielen zu hören. Er füllte jeden Abend die Kneipen. Roberts Popularität verbreitete sich schnell, aber es verbreitete sich auch ein seltsames Gerücht, dass er das Unaussprechliche getan hatte, indem er einen Pakt mit dem Teufel schloss.
Niemand, der Robert vor seiner musikalischen Verwandlung Gitarre spielen hörte, konnte glauben, dass ein untalentierter Bursche das Gitarrenspiel in nur neun Monaten ohne übernatürliche Hilfe erlernen konnte.
Das Gerücht besagt, dass ein verzweifelter Robert Johnson, verzweifelt über den Tod seiner geliebten Frau und seines Kindes, alle Hoffnung aufgab und Gott den Rücken kehrte. Er verließ seine Farm und reiste zu einer geheimen Straßenkreuzung, nur mit seiner Gitarre.
Genau um Mitternacht trat dort ein schwarz gekleideter Mann mit einer Gitarre aus dem Schatten und machte Robert ein Angebot – Roberts Seele, um den Blues spielen zu können. Robert willigte ein, und sie tauschten die Gitarren. Robert wusste von dem Gerücht, hat es aber nie dementiert.
Tatsächlich spielte Robert Songs, die er während seiner Abwesenheit geschrieben hatte, wie “Cross Road Blues” und “Hell Hound on My Trail”, was das Gerücht zu bestätigen schien.
29 Songs
In den nächsten fünf Jahren verblüffte Robert Johnson die Musikwelt und rockte die Juke Joints im ganzen Süden. 1936 nahm er seine erste Platte auf, auf der 16 seiner eigenen Songs zu hören waren.
Dreizehn Monate später nahm er 13 weitere Lieder auf. Diese 29 Songs gelten als einige der wichtigsten und einflussreichsten Blues-Songs, die je aufgenommen wurden. Robert Johnson war der erste Afroamerikaner, dessen Musik in den USA in den gängigen Jukeboxen gespielt wurde. Jeder hörte und kannte seine Musik.
Im Sommer 1938 kehrte Robert Johnson nach Greenwood, Mississippi, zurück. Die Zeiten waren hart. Die Große Depression hatte die Farmer ruiniert und die Sommerhitze war erdrückend. Die Stadt brauchte einen Aufschwung, und zu dieser Zeit war Robert Johnson eine wandelnde Legende. Jeder kannte das Gerücht, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.
Die Kirchen der Gemeinde warnten die Familien, ihre Frauen und Töchter von ihm fernzuhalten. Er stellte sich an eine Straßenecke und begann auf seiner Gitarre zu spielen. Nach nur zehn Minuten waren die Straßen voller Menschen, soweit das Auge reichte. Man bot ihm einen Job als Musiker in einer örtlichen Kneipe an.
Nachdem er einige Wochen lang gespielt hatte, traf er sich mit einer Frau, die zufällig die seines Chefs war. Das war nicht die beste Karriereentscheidung. Eines Abends ging Robert in eine gut besuchte Kneipe und trank einen halben Liter Whiskey. Er setzte sich hin und begann, den Blues zu spielen, wurde aber plötzlich bewusstlos und brach zusammen.
Er wurde zurück in sein Hotelzimmer getragen und brauchte dringend ärztliche Hilfe. Zu dieser Zeit wollte im Süden kein weißer Arzt einen schwarzen Patienten behandeln, und wegen des Crossroads-Gerüchts wollte ihn auch kein schwarzer Arzt behandeln. Drei Tage litt er allein in seinem Zimmer, bevor er am 16. August 1938 starb.
Viele glaubten, Robert Johnson sei von einem eifersüchtigen Ehemann vergiftet worden, aber es gab auch Leute, die glaubten, der Teufel sei zurückgekehrt, um eine alte Schuld einzutreiben. Robert könnte seinen Tod sogar in einem seiner Songs mit dem Titel Me and the Devil Blues beschrieben haben: “Early this mornin’, ooh when you knocked upon my door, And I said, “Hello, Satan, I believe it’s time to go.”
Der Urvater des Rock ‘n’ Roll
Auch nach seinem Tod ist Johnsons Geschichte voller Geheimnisse. Seine Leiche wurde schnell begraben, so schnell, dass niemand genau weiß, wo er zur Ruhe gelegt wurde.
Obwohl er ein berühmter Musiker war, galt er in der Südstaatengemeinde immer noch als armer schwarzer Mann, und man wollte nicht mehr Geld für sein Begräbnis ausgeben als unbedingt nötig, also erhielt er die gleiche Art von Begräbnis, die auch ein Landstreicher erhalten hätte. Es wurde ein Loch in einem Feld ausgehoben und Robert wurde hineingeworfen.
Es gab weder einen Grabstein noch ein Grabzeichen. Im Laufe der Jahre glaubten die Leute, dass Robert auf einem örtlichen Töpferfeld begraben wurde, aber auf seiner Sterbeurkunde steht Mount Zion, wo er nach heutiger Auffassung begraben liegt.
Robert Johnson ebnete den Weg für andere Blues-Legenden wie Muddy Waters, der sich an Roberts Gitarrenstil orientierte, als er das Spielen lernte. Schließlich entwickelte sich der Musikstil des Rhythm and Blues zum Rock and Roll. Viele der frühen Rocklegenden studierten Johnsons Werke und fünfzig Jahre nach Roberts Tod begannen große Musiker, seine Songs zu spielen. Eric Clapton, Lynyrd Skynyrd, die Allman Brothers, Led Zepplin, die Rolling Stones, die Red Hot Chili Peppers und zahllose andere Rock-Bands haben seine Songs gecovert und zollen der Blues-Legende auch heute noch Tribut.
1986 wurde Robert Johnson in die erste Gruppe von fünf “Urvätern” der Rock ‘n’ Roll Hall of Fame in Cleveland aufgenommen. 1990 wurde eine neu veröffentlichte Box mit Robert-Johnson-Aufnahmen mit Platin ausgezeichnet und erhielt einen Grammy Award. 1994 gab das United States Postal Department eine Robert-Johnson-Gedenkbriefmarke heraus. Zudem gilt er als unabsichtlicher Gründer des 27er-Clubs, zu dem sich später so illustre Gäste wie Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison oder Kurt Cobain gesellten.
Wer sein Talent anzweifelt, sollte sich einfach hinsetzen und versuchen, seine Songs zu spielen.