Easy Dater

Easy Dater

Ein Film der Angst lag auf meinem Körper. Wie ein X – ich war wie ein X an diesem gusseisernen Bett befestigt, mein Mund ohne Speichel. Ein bitterer Geschmack, dort, wo die Zunge beginnt. Die Schläfrigkeit dämpfte das Bedürfnis, aufzuschreien. Aus dem Nebenzimmer hörte ich Geräusche durch die angelehnte Tür, Stimmen, die darüber berieten, was mit mir zu tun sei. Ich durchlebte es bereits; die Scham, vor allem die Scham – die lag zuoberst. Ich war freiwillig hier, war mitgetrottet, ein braves Weibchen.

»Möchtest du mir nicht sagen, wie du heißt?«

Nett war er gewesen, und so unscheinbar. Ein ganz netter Junge. Aus unseren Mündern drang ein nettes Gespräch. nichts an mir fühlte sich gefickt, geleckt oder sonstwie an. ich musste ganz dringend abort, meine Blase, auch das ein nettes Gespräch, ich wie ein X, wenn ich nur etwas sagen könnte. »Hallo?«

Wenn ich ein Lebenszeichen von mir gäbe, ginge es los (vielleicht ist er ja nicht allein da drüben) … gestern hätte ich mich nicht gewehrt (ja, ja, freiwillig) … bin einfach eingeschlafen, mein Mund so bitter (da wo die Zunge herauswächst) … er wird mich umbringen, ich kenne sein Gesicht, er kann mich nicht am Leben lassen. Kann er nicht, wird er nicht. Wer weiß, wo ich hier gelandet bin. Vorher wird er mir wehtun, und wenn ich schreie, macht er mich gleich alle. Kein Knebel in meinem Mund, nur die Zunge (die wächst) … er weiß, dass ich nicht schreie, er weiß, dass es gar keinen Sinn hat. Das Böse ist nicht im Geist sondern in der Tat, alles menschliche Bestreben sinnlos (alles sinnlose ist böse) … pissen muss ich, ich kannʼs nicht mehr … (Tränen der Anstrengung, die Schraubzwinge der Muskulatur) … da wurde die Tür mit einem Ruck aufgerissen und ein großer Clown (die Bestie) … Nirvana, nicht einmal mehr denken, oder wie Silen zu König Midas sagte: »Das Allerbeste für dich ist ganz unerreichbar!«

Der Clown stampfte herein, mit großer runder Nase, eine Trompete an einer Schlaufe um den Hals und eine Landsknechttrommel an der linken Seite … »Nicht geboren zu sein!«

Ich konnte nichts anderes tun, als mich zu entleeren, warm …

»Das Zweitbeste für dich – bald zu sterben!«

Unter meinem Hinterteil eine große Lache, ich hörte gar nicht mehr auf zu pissen.

MEP

MEP

Michael Perkampus wurde am 2. April 1969 im Fichtelgebirge geboren. Als Solitär der deutschen Literatur arbeitet er in seinen Texten mit "Bewusstseinsfragmenten" und "Synkopen", einer "philosophischen Phantastik". Von 2005 - 2010 moderierte er die Schweizer Literatursendung "Seitenwind" in Winterthur. Letzte Erzählungen erschienen im Blitz-Verlag unter "Das Kriegspferd", herausgegeben von Silke Brandt. Im Januar 2015 ging das Phantastikon online, später folgte der gleichnamige Podcast. 2018 gab er die Anthologie "Miskatonic Avenue" heraus, deren Namen jetzt für eine Rubrik im Magazin steht. Wer sich für Metaebenen interessiert, sollte sich den Blog "Crossroads" anschauen: https://crossroads.phantastikon.de

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