Ich habe fast jede Nacht Schwierigkeiten beim Einschlafen. Vor zwei Nächten war mein Gehirn überaktiv, und ich wusste, dass die nächste Schlafparalyse in die Poren meiner Haut eindrang. Ich bin es mittlerweile gewohnt. Die Taubheit. Die Hilflosigkeit, wenn es beginnt. Nach jahrelanger Erfahrung weiß ich, wie ich mich daraus befreien kann. Ich weiß, dass die Angst vorübergehend ist. Ich weiß, wie ich die Schattenhände anschreien muss, die meinen Hals packen oder sich in meine Schultern und meinen Bauch krallen. Die Welt ist während der Schlafparalyse in schwarz und weiß getaucht. Die Umgebung ist statisch und ruhig. Ich öffne meine Augen in einer grauen Dimension und weiß, dass etwas mich beobachtet und darauf wartet, meinen Körper zu ergreifen. In diesen Träumen bin ich eine Außenseiterin. Ich kann meinem physischen Körper nicht etwa mitteilen, dass mich etwas beobachtet.
Die Bilder und Stimmungen, die Hideo Nakata in Ringu und Dark Water eingefangen hat, erinnern mich an jene Landschaften, die mein Gehirn während der Schlafparalyse erzeugt. Seine Filme fühlen sich vertraut, fast nostalgisch an. Ich habe mich in diese beiden Filme verliebt, wegen der körnigen blau-gelben Atmosphäre und wegen der jungen Geister (Sadako und Mitsuko), die die Hauptfiguren verfolgen. Auch für mich gibt es in den Filmen ein kathartisches Element. Ich kann die Kinderversion von mir in diesen zwei Charakteren erkennen. Wenn ich im Alter von sieben Jahren in einen Geist verwandelt worden wäre, würde sich ein Fluch als Folge meines Todes manifestieren. Ich sage das im Scherz, aber die Wut, die als Kind in meiner Kehle saß, war erheblich. Da war ein Durcheinander aus Verwirrung und Groll in mir. Diese ganze Verachtung drückte mir Brust und Lunge zusammen. Ich wollte ein Zimmer mit der Asche eines anderen Mannes füllen. Dieser Mann hat mir ein Trauma zugefügt. Er war kein Monster. Er war nur ein einfacher Mann. Ich kann verstehen, warum Sadako einen Fluch auf das Videoband webte. Sie versuchte verzweifelt aus dem Brunnen zu klettern. Niemand kam, um sie zu retten. Ich kann verstehen, warum Mitsuko in diesem Apartmentkomplex umging. Mitsuko wollte gefunden werden. Mitsuko wollte, dass jemand sie pflegt, selbst nach ihrem Tod.
Es ist 1996 in El Paso, Texas, und ich versuche zu schlafen. Jemand beobachtet mich. Ich öffne meine Augen und der verschwommene Körper schießt auf mich zu. Er zieht mich an den Füßen über die Bettkante. Er hätte mich in einen Geist verwandeln können, wenn er es gewollte hätte. Die Art, wie er meine Kehle und meinen Mund festhielt, als ob er keine Bedenken davor hätte, mich ersticken zu lassen. Es war Luis, der Vater meiner jüngeren Geschwister. Er sagte mir, ich solle ruhig bleiben. Er sagte mir, ich solle still bleiben. Ich dachte oft an mich selbst als an einen Geist, der in der Ecke saß und beobachtete, wie alles geschah. Ich zwang mich, den physischen Körper zu vergessen, in dem ich gefangen war. Ich schloss meine Augen fest, bis ich violette Sterne an den Rändern meinen Augenlidern sah. Ich wartete auf die Stille, als er den Raum verließ. Ich saß im Dunkeln und weinte nie, denn es fühlte sich an, als würde meine Stimme aus mir herausgedrängt und in den rissigen Schmutz der Wüste gestoßen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mein pochendes Blut gegen die Schläfen meines Kopfes klopfen zu lassen, wütend darüber, so klein und gebrechlich zu sein.
Die Schlafparalyse kam zusammen mit der Pubertät. Es begann, als ich zwölf war: Ich bin in der sechsten Klasse, und ein Lehrer mit leuchtend orangenen Haaren weist uns an, wie man Word am Computer benutzt. Ich hebe meine Hand, um eine Frage zu stellen. Er kommt an meinen Tisch. Er legt seine Hand auf die Computermaus. Ich dachte erst, das sei ein Versehen, ich versuchte, meine Hand wegzuziehen, aber er drückte mit seiner fester zu und versuchte, seine Finger mit meinen zu verschränken. Als schüchternes und nervöses Kind sagte ich nichts. Ich wache mitten in der Nacht in einer schwarzweißen Welt auf, und ich sehe, wie Luis versucht, in mein Zimmer zu kommen. Er ruckelt am Türknauf. Er klopft und das Dröhnen der Tür lässt das Zimmer erzittern. Ein Schatten schwebt über mir, und mehrere Glieder strecken sich über die Decke, bis ich in vollkommene Schwärze gehüllt bin. Ich schreie und ich schreie, aber ich kann nicht aufwachen.
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Ich fühle mich Sadako verbunden wegen des Zorns, der in ihr wohnt. Die Welt, in die Sadako hineingeboren wurde, war nicht für sie geschaffen. Ich habe mich als Kind körperlich so gefühlt. Die Welt wurde nicht für meinen braunen Körper gemacht, sondern für verächtliche Patriarchen. Sie ist für Männer wie Luis geschaffen, dem es gelang, mich so lange sexuell zu missbrauchen. Ich beobachtete das Machtungleichgewicht zwischen einem misshandelnden Stiefvater und einer verliebten Mutter. Ich spürte das Machtungleichgewicht, als mein Körper penetriert, sondiert und verletzt wurde. In diesen Nächten konnte ich nur vor Schreck erstarren und so tun, als wäre mein Körper nicht mein eigener. Jahre nachdem Luis aus unserem Leben verschwunden war, hatte ich unwillkürliche Panikattacken. Ich sah nachts rot und es war schwierig, einzuschlafen. Ich kochte vor Zorn, den ich auf mich selbst richten wollte.
Die Affinität zu Mitsuko habe ich wegen der Einsamkeit, die sie repräsentiert. Verzicht und die Nachwirkungen von Vernachlässigung wiegen schwer. Ich hatte einmal einen mutigen Moment und erzählte es Luis, aber meine Sicht auf die Dinge wurde abgetan. Er blieb noch ein paar Jahre. Er und meine Mutter hatten ein drittes Kind zusammen. Ich fühlte mich sehr alleine. Ich war ein schrumpfender Punkt. Ich wollte verschwinden. Ich war das Kind, das auf eine Mutter wartete, die nach der Schule nie auftauchte. Ich war das Kind, das so oft die Schule verpasst hat. Die Lehrer haben angefangen, mir Fragen über meine Eltern zu stellen, mich nach Hause zu fahren und dort die Antworten von einer Frau zu verlangen, die kein Auge auf mich hatte. Es dauerte lange, bis ich erkannte, was diese Muster bedeuteten. Man nennt sie „Vernachlässigung“. Mangel an Interesse an der Erziehung eines jungen Mädchens, das Schaden genommen hatte. Mitsuko wurde als Kind vernachlässigt. Sie wurde von ihrer Mutter verlassen. Sie starb, und niemand beachtete sie. Sie wollte nur umsorgt und geliebt werden. Das wollte ich ebenfalls und ich wollte auch keine Angst davor haben müssen, geliebt zu werden.
Eine meiner frühesten Erinnerungen ist die an den Tod. Zwei Zebrafinken in einem Käfig. Ich öffnete die verdrahtete Käfigtür und versuchte, einen von ihnen festzuhalten, um ihn zu streicheln. Ich drückte den Vogel zu fest und tötete ihn damit. Ich erinnere mich daran, wie ich geschrien habe und zu meiner Mutter aufschaute und tief beschämt war, weil ich wusste, was ich getan hatte. Ich war drei oder vier Jahre alt. Ich betete jeden Abend ernsthaft zu Gott. Ich bat ihn, mich nicht sterben zu lassen. Ich hatte Angst vor dem Tod, aber ich war von ihm auch fasziniert. Als ich älter wurde, ging ich jeden Tag in die Bibliothek und las eine neue Ausgabe „Fear Street“ oder „Goosebumps“ oder irgendetwas sonst in der Horror-Abteilung. Geschichten über Leute, die um ihre letzten Momente kämpfen. Ich stellte mir vor, an ihrer Stelle zu sein und fragte mich, ob ich überleben würde? Ich wusste, dass meine Überlebensfähigkeit enorm war. Ich hatte bis zu diesem Punkt so viel überlebt. Ich habe inzwischen meine eigenen Horrorgeschichten geschrieben. Es war eine kathartische Praxis. Die Geister, über die ich schrieb, waren Mädchen und Frauen. Sie spuken durch Wälder und über lange, einsame Straßen. Sie verursachten Blutvergießen ohne Rücksicht auf Konsequenzen. Sie waren stark. Sie waren rachsüchtig. Sie wurden gefürchtet. Ich war hungrig nach Autonomie. Ich war hungrig, den Zorn, der in meinen pulsierenden Adern strömte, auszudrücken. Ich wollte lernen, wie ich meine Wut ausnutzen konnte, ohne Partei zu ergreifen, und Horrorgeschichten brachten mir Trost.
Sadako hinterließ ihre eigene Geschichte auf dem Videoband. Mitsuko kontrollierte das Wasser im Apartmentkomplex, um ihre Einsamkeit, Wut und Verwirrung auszudrücken. Die Gefühle von Zorn und Verlassenheit bleiben in meinen Lungen haften, und manchmal schreie ich sie während der Schlafparalyse aus mir heraus. Andere Male schreibe ich sie aus meinem Körper und nehme das kleine Geistermädchen an, das mir immer folgen wird.

Rios de la Luz ist eine queere xicana/chapina sci-fi liebende Autorin, die in El Paso lebt.