Wenn ein Autor eine Figur (oder mehrere Figuren) erfunden hat, die sich dann als dauerhaft herausstellen, kommt es immer wieder zu großen Konflikten, wenn die Fackel übergeben wird, meistens weil der Autor gestorben ist. Oft sind diejenigen, die mit dem Erbe des Werkes betraut werden, nicht in der Lage, gute Entscheidungen für das Franchise zu treffen, weil sie nur das Geld interessiert, das sich mit der Lizenzvergabe machen lässt. Wir kennen das von zahllosen Beispielen, ob nun bei Walt Disneys Imperium, Bob Kanes Batman oder Jerry Siegels Superman. Bei allen späteren Versuchen, eine geliebte Figur aus vergangenen Tagen weiter zu schreiben, dürfen wir nicht mehr den gleichen Standard erwarten, die das Original so erfolgreich gemacht hat. Die Qualitätslücke, die Arthur Conan Doyle mit seinem Sherlock Holmes hinterließ, ist wohl das berühmteste Beweis für diese These, auch wenn Kareem Abdul-Jabbar, John Dickson Carr, Colin Dexter, Mark Gatiss, Anthony Horowitz, Laurie R. King, Steven Moffat und zweifellos einige andere großartige Dinge mit den Bewohnern der Baker Street 221B anzufangen wussten.
Der Umgang mit den drei Detektiven liegt irgendwo in der Mitte dieser Möglichkeiten. Robert Arthur schuf die Serie und schrieb die ersten neun und dann das elfte Buch vor seinem Tod, wobei das zehnte Buch – Der Teufelsberg (1968) – von Dennis Lynds unter dem Pseudonym William Arden verfasst wurde. Arden und Nick West teilten sich die nächsten Bücher, und dann begann Mary Virginia Carey sich die Serie mit Arden zu teilen. Das entspricht, angefangen von Titel 15 – Die flammende Spur (1971) – bis zum letzten (amerikanischen) Titel Der schrullige Millionär (1987) – einer Serie von 28 Büchern, von denen nur drei nicht von diesen beiden geschrieben wurden. Während sich die Serie also nach dem unvermeidlich schnellen Abgang von Arthur offensichtlich auf eine sicherere Basis gestellt hatet, gibt es eindeutig eine Übergangszeit, auf die wir an vorliegendem Punkt der Serie treffen.
Bei seinem ersten Versuch, sich an Justus Jonas, Pete Shaw und Bob Andrews zu orientieren, macht Arden vieles richtig und fast ebenso viel falsch. Entscheidend ist, dass es keine offensichtliche stilistische Abweichung von Arthurs Tonfall und grundlegenden Ideen gibt: Wie zunehmend üblich, beginnen wir in media res mit der (im Original auch so benannten) stöhnenden Höhle, die sich im Tal der Wehklagen auf der Ranch von Mr. und Mrs. Dalton befindet. Er war ein berühmter Rodeo-Reiter, der bei mehreren Western mit Peters Vater zusammengearbeitet hatte, bevor er sich dazu entschlossen hatte, sich auf der Ranch zur Ruhe zu setzen. (Im Original ist es genau andersherum, da ist Mrs. Dalton ein ehemaliger Filmstar).
Der Aufbau ist dem des sechsten Buches Die Geisterinsel (1966) nicht unähnlich, und das einleitende Stöhnen der Höhle ist eine Übernahme der anfänglichen schreienden Uhr im Vorgänger Der seltsame Wecker (1968), aber man kann Arden nicht verübeln, dass er sich an einige vertraute Klänge anlehnt.
Im weiteren Verlauf neigt Arden jedoch dazu, sich auf zu viele bekannte Ideen zu stützen, die aus der Perspektive eines Erwachsenen das Gefühl eines Autors zu verstärken scheinen, der nicht wirklich selbstbewusst genug ist, um seine eigenen Plots zu schreiben. Das zentrale Rätsel um den mexikanischen Freiheitskämpfer El Diablo, der die amerikanischen Siedler in Kalifornien hasste und deshalb zu einem schwarz gekleideten, reitenden Gesetzlosen wurde, um sich im Namen der armen spanisch-mexikanischen Familien, denen Unrecht widerfahren war, an den reichen Amerikanern zu rächen, ist, nun ja, es ist die Geschichte von Zorro, nicht wahr? Ich würde annehmen, dass dies ein bewusster Versuch war, an den Erfolg der schwarz-weißen Zorro-Fernsehserie anzuknüpfen, an die ich mich aus meiner Jugend erinnere (natürlich als Wiederholungen – ich bin alt, aber nicht so alt), außer dass es scheint, dass 1968 und die Zeit danach eine Art Brachzeit für ein Zorro-zentriertes Medium war.
Arden begeht auch eine Todsünde, wenn man für jüngere Leser schreibt: Er redet zu seinem Publikum von oben herab. Manchmal wird er sehr belehrend – „In einem Team muss jeder das übernehmen, was er am besten kann“ – und gerät mit seinen Überlegungen darüber, wie die Wassererosion eine Reihe von Höhlen bilden konnte, in den Bereich des zweifelhaften Infotainments. Dazu kommen ein paar unbeholfene Moralpredigten für alle, die nicht aufpassen, und ein bisschen selbstherrlicher Snobismus, wenn es darum geht, dass der „Fluch“ von El Diablo die Rancharbeiter in Angst und Schrecken versetzt: „Ungebildete Menschen glauben allzu leicht an übernatürliche Mächte – dabei ist ihr eigener Leichtsinn das größte Übel.„. Wenn man schon in einer Hinsicht einen auf „in der Schule nachsitzen“ macht, wenn es darum geht, den Beitrag von Menschen zu einem Team oder einer Kultur zu anzusprechen, dann sollte man nicht gleichzeitig auch einen auf dumme Eingeborene machen, klar?
Auf dem Weg zu einem uninspirierten Macguffin wird viel in Höhlen herumgelaufen, ohne besonderen Effekt – erinnert euch bitte an Der grüne Geist (1965), wo dieser Unsinn ebenfalls ausuferte -, und dann, etwa 20 Seiten vor Schluss, wacht Arden plötzlich auf und fügt etwa fünf Handlungsentwicklungen ein, die die ganze Sache dann doch zum Leben erwecken und einen Haufen Spaß bereiten, der viel, viel zu schnell vorbei ist. Die abschließende Zusammenfassung ist absoluter Blödsinn, ohne die wenigstens halbwegs vernünftigen Argumente, die Arthur in den früheren Büchern verwendet hat. Just verwendet hier eine Art zirkuläre Logik, die nicht einmal ansatzweise erklärt, woher er wusste, wer die schuldige Partei ist.
Aber immerhin. Diese 20 Seiten Spaß sind auf eine Art und Weise überdreht und wild, wie es bereits die besten Momente dieser Serie zuvor waren, und obwohl es Arden in mancher Hinsicht nicht gelingt, sie auf einen Punkt zu bringen (z. B. die Fußabdrücke der durchnässten „Kreatur“, die Pete sieht und für die es eine halbherzige Erklärung gibt), kann man nur hoffen, dass das Aufkeimen dieser leblosen Geschichte am Ende die Lektion ist, die er aus seinem ersten Ausflug in dieses reizvolle Universum zieht. Der Ton und die Art der zentralen Ermittlungen sind in etwa richtig und er hat Arthurs Charaktere ziemlich gut getroffen, es besteht also noch Hoffnung. Aber wenn das Geheimnisvollste an einem Krimi für junge Erwachsene darin besteht, wie einfach es ist, mit dem Bibliotheksausweis einer anderen Person Bücher auszuleihen … naja, da ist dann noch Luft nach oben.
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