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Patrick Bateman: American Psycho

Da mordet jemand recht munter, sehr wohl böse und unverfroren, und während man zuschaut, denkt man sich, dass das nun wirklich grundsätzlich kein Popcorn-Kino ist. Trotzdem knistert es in der Tüte. Weil es zum Entertainment gehört. Vielleicht friert man dabei ein bisschen. Ein bisschen mehr vielleicht. American Psycho verlangt diesen gewissen frostigen Schauer im Kopf. Es bleibt eine ganze Weile kalt.

Verdammt kalt. Und das ist auch das brutal Gescheite an dem genialen Horror-Yuppie-Streifen aus dem Jahr 2000, gedreht von Mary Harron, die erfreulicherweise auf Christian Bale in der Rolle des chic durchgeknallten Wallstreet-Killers in den 1980ern setzte und nicht auf die gleichsam Gehandelten Leonardio Di Caprio oder Edward Norton: Beide phantastisch, aber anders.

Anders als Bale-Bateman, der den legendären Meisterpsychopathen Norman Bates, der in ihm die wirren Gedanken zu sortieren versucht, zum Paten hat. Die Namensgebung kommt nicht von ungefähr, den Blick des irren Beaus teilen sie, und vielleicht hätte sogar Hitchcock sein persönliches Interesse gehabt am zwanghaft wilden Töten, dessen Sinn sich zwar elegant verschlüsselt, aber denn doch auf die simpelst durchdachte Art ergibt:

Abgeschlachtet wird nebenbei

Da schlachtet einer so nebenher Menschen mit Messern und Sägen ab, weil ihm das so einfällt. Die Opfer, ob der Freund, der eliminiert werden muss, weil er edlere Visikarten hat als Bateman, ob der Obdachlose, die Affäre, die Prostituierte…sie alle bleiben für uns Voyeure austauschbar, fast gesichtslos. Es passiert halt. Immer wieder. Bateman will das absolute Leben. Kompromisslos. Ein Leben, das ihn anwidert. Bis zum Erbrechen. Bis zum Wegmachen.

„Ich habe alle Merkmale eines Menschen: Fleisch, Blut, Haut, Haare. Aber keine einzige klar identifizierbare Emotion, abgesehen von Gier und Abscheu.“

Mitleid mit den anderen kommt nun so gar nicht auf, wenn Patrick Bateman zuerst spinnt, dann tötet, immer auf Hochglanz poliert, immer angeödet von dem ganzen hohlen Zeugs und Volk um ihn herum. Und unsereins, intellektuell gebrandmarkt, dunkel durchtrieben und klug durchgekocht, kann das prima interpretieren, sogar irgendwie versteckt dahingeraunt verstehen. Was nützt der ganze Schein bei all der Leere, was bringt es, schön und sexy, erfolgsverwöhnt und reich zu sein, wenn man sich doch so furchtbar langweilt? Wenn man alles so lahm und gleich und so wenig effektiv sieht?

Kann man übertragen. Die meisten von uns sind keine überirdisch attraktiven Investmentmanager mit fettem Bankkonto und einem Sexualleben gleich einem gigantischen Sado-Pulverfass, aber die Unerträglichkeit des Schubladen-Seins kennen wir auch. Alles öde, dumm, einfach furchtbar…da könnte man doch mal unwichtige, nervende Leute umbringen.

Bateman macht das. Oder er spukt es sich vor, da kann man uneins werden. Am Ende kommt er davon, niemand nimmt ihm seine schaurigen Morde wirklich ab. Nur er ist überzeugt. In seiner ganzen kühlen Selbstherrlichkeit weiß der so exzessiv und doch so jämmerlich Begünstigte, dass er tatsächlich Hilfe braucht. Er, der stets Überlegene, der sich nimmt, was er will, ohne fragen zu müssen, sucht beinahe bittend die Aufmerksamkeit, stammelt, gesteht seinem Anwalt.

„Heute abend sind sehr viele Menschen von mir umgebracht worden. Und…ich bin mir unsicher, ob ich diesmal damit durchkomme. Deswegen bin ich der Meinung…ich denke, ich denke, ich bin ein…ich denke, ich bin ein ziemlich kranker Kerl.“

Stimmt zeifellos. Der Anwalt glaubt allerdings an einen Scherz. Dabei bleibt’s. Steht erneut die Frage, ob nur derb krank im Kopf oder auch im Handeln. Alles nur schlecht geträumt? Oder geschickt realisiert? Prinzipiell ist das freilich nicht wesentlich, eine Lösung für seine Ruhelosigkeit gäbe es in der gegebenen Situation natürlich in keinem Fall.

Neidisch, eitel, böse

Tatsächlich tanzt Bateman bei all seinen denkwürdigen Gepflogenheiten nicht unbedingt möglichst schräg aus der Reihe, er sieht sich Talkshows zu den üblichen banalen Promi-Fitness-Klatsch-Witz-Sex-Themen an, guckt Videos, lästert über hässliche Leute, geht in Clubs und puscht sich mit Drogen auf (wie alle eben), ist neidisch, überheblich, eitel:

„Wenn mein Gesicht morgens etwas verquollen ist, setze ich eine Eismaske auf, während ich meine Sit-Ups mache. Ich schaffe mittlerweile meine 1000.“

So was klingt recht normal. Stolz eben. Gut, etwas affig auch. Zeigt aber, wie Bateman tickt, wenn er nicht an Blut denkt. Das allerdings macht er immer öfter, dagegen kommt er nicht an, scheint den Widerstand auch irgendwie gar nicht zu wollen, obgleich er entsetzlich findet, wie er ist. Was er ist. Und was er selbst in seinem Abscheu aus sich macht ohne Chance auf ein vernünftiges Morgen.

This is not an exit sind die Schlussworte des 1991 in Amerika erschienenen Romans von Bret Easton Ellis, der 1995 in Deutschland als jugendgefährdend indiziert wurde und nach einer Verlagsklage seit 2001 frei verkäuflich ist. Das Buch ist derbe, es trieft vor Gewalt, Sex, Lust jeglicher Form und Wahnsinn in einer Gesellschaft mit ihren typischen Spielregeln, aber die Story ist schonungslos sauber und hat ihr eigenes verzerrtes und frustriertes Gesicht: Irgendwie eins, das einem bekannt vorkommt.

Auch, wenn Bateman in einer Liga spielt, die vom Wahnwitz, Alltag, Drumherum und Mittendrin nicht unsere ist: Wiedererkennungswert ist da. Tatsache. Wer jetzt empört, gar angewidert aufschreit, hat schlichtweg zu brave Gedanken. Besser so für die Mehrheit.

This is not an exit steht auch auf dem Schild, auf das die Kamera in der letzten Filmszene fährt. Die Wahrheit eben. Ganz klar die Erkenntnis, dass das diabolische Feuer in einem selbst eh weiterbrennt, ob man verachtet, foltert, mordet, hasst oder gleichgültig bleibt. Kein Ende, kein Ausgang. Kein Ausweg, keine Erlösung.

Im Roman wird der Teufelskreis damit geschlossen, er beginnt mit einem an die Mauer der „Chemical Bank“geschmierten Graffiti, Zitat aus Dantes Göttlicher Komödie, das sich auf das Höllentor bezieht:

„Abandon all hope ye who enter here. – Lasst alle Hoffnung fahren, ihr, die ihr hier eintretet.“

Na denn…in diesem Sinn wohl.


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