Schwarzer Mond über Soho ist der zweite Band der „Rivers of London“-Serie von Ben Aaronovitch und erzählt, wie es mit PC Grant weitergeht, einem anständigen Polizisten und dem ersten Zauberlehrling einer geheimen Abteilung der Metropolitan Police in London seit sechzig Jahren. Dieser Band ist eng mit dem ersten – Die Flüsse von London – verbunden und es wäre unsinnig, die Serie nicht von Beginn an zu lesen, in der Ben Aaronovitch recht unterhaltsam polizeiliche Ermittlungen nahtlos mit urbaner Fantasy vermengt und dazwischen kleine Exkursionen über London selbst einstreut, vorgetragen in einem durchweg klassisch englischen Sinn für Humor.
Das Buch hat ein klares Schema. Wie der erste Band auch, hält sich Aaronovitsch an die oft verwendete Struktur zweier Fälle, die am Ende unweigerlich zusammen führen.
Im Londoner Stadtteil Soho werden Jazzmusiker ermordet, wobei die Todesfälle wie Herzinfarkte aussehen sollen. Peter Grant weiß es jedoch besser. Als er die erste Leiche, die auftaucht auf eine bestimmte Weise untersucht, hört er das Vestigium (das sind die Spuren der Magie, die zurückbleiben) des alten Jazzstandards „Body and Soul“. Die Frage ist, wer hat es auf Jazzmusiker abgesehen und warum? Peter gelangt schließlich zu der Überzeugung, dass er einen „Jazz-Vampir“ sucht, der seinen Opfern das Leben und die Magie aussaugt.
Der zweite Fall betrifft das Auftauchen eines Schwarzmagiers, der in der Gegend von Soho tätig ist. Dies ist ein Schock für Nightingale, der geglaubt hat, er sei der letzte Zauberer in England; die Magie im Allgemeinen gilt weltweit als im Niedergang begriffen. Der Versuch, herauszufinden, woher der Zauberer kommt und welche Ziele er verfolgt, und ihn daran zu hindern, noch mehr Schaden anzurichten, erweist sich für Peter in seiner Funktion als Zauberlehrling als schwierig, aber natürlich stellt er sich der Situation.
Bei den Ermittlungen Im Fall der ermordeten Jazzmusiker ist Peter weitgehend auf sich allein gestellt. Das liegt daran, dass sich Nightingale, sein Chef, und seine Freundin und Kollegin PC Lesley May von den grausamen Verletzungen erholen, die sie im ersten Band erlitten haben. Diese beiden Figuren spielen zwar auch hier eine wichtige Rolle, aber Peter steht in dieser Fortsetzung eindeutig im Mittelpunkt und kommt als leitender Ermittler bei den zu untersuchenden Todesfällen voll zur Geltung.
Peters witzige Beobachtungen über London, seine Bewohner und die Polizeiarbeit lassen diese urbane Fantasy lebendig und turbulent werden. Besonders Auffällig ist hier der starke Versuch, den Realismus in den Fokus zu stellen. In Mond über Soho erfahren wir viel mehr über Peters Vergangenheit – und sein Vater, der legendäre Jazzmusiker „Lord“ Grant, spielt dabei eine wichtige Rolle. Er besitzt eine umfangreiche Sammlung von Jazz-Platten, und sein immenses Wissen über die Londoner Jazzszene (von der auch Peter einiges mitbekommen hat) hilft ihm bei seinen Nachforschungen.
Mond über Soho ist eine fantastische, spannende Fortsetzung der Flüsse von London. Ben Aaronovitch zwinkert in kleinen Anspielungen auch Harry Potter und Hogwarts zu, wenn es um Nightingales alte Schule geht, die einstmals auch eine Zauberschule war. Peter und Nightingale besuchen diese längst aufgegebene Schule und Peter muss Nightingale seine Anspielung auf Harry Potter und Hogwarts erklären, da sein altertümelnder Chef nichts von dem ganzen Harry-Potter-Phänomen weiß. Nightingale verneint jedoch die Vorstellung, seine Schule sei mit der von Harry Potter vergleichbar, was uns wieder zum Realitätsbezug zurück bringt, den Aaronovitch auf keinen Fall aufgeben will. Die Entwicklung der zeitgenössischen Fantasy hin zu mehr Realismus ist schon seit Jahren zu beobachten. Um so verwunderlicher ist es, dass das Krimigenre gar nicht so oft mit Fantasyelementen zusammen geht, wo doch beide zu den beliebtesten Genres überhaupt zählen. Natürlich kann man die Meinung vertreten, die beiden Strömungen stehen sich fast schon als Gegner gegenüber, da der Krimi versucht, ein logisches und rationales Gebilde zu sein, während es bei der Fantasy um Zauber und Magie geht. Allerdings haben Krimi und Fantasy mehr miteinander gemein, als man das auf den ersten Blick vermutet, was jedoch ein Thema für eine andere Sendung ist.
Hier zumindest ist die Zuversicht eines erfahrenen Autors zu spüren, der genau weiß, wohin er mit seiner Serie will, und das Buch plätschert zwar leicht dahin, wird Genrefans aber durchaus zu überzeugen wissen.
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