Das Höllenhaus / Richard Matheson

Eines lässt sich gleich zu Beginn sagen: wer eine gute Spukhaus-Geschichte zu schätzen weiß, ist hier richtig, denn tatsächlich hat Matheson mit seinem Höllenhaus eine der besten des Genres geschrieben. Das wusste auch Stephen King zu schätzen, als er sagte, dass Matheson derjenige war, der den Horror aus einer vergangenen Zeit in ein bekanntes Jetzt katapultierte. King lebt schließlich in Maine, und genau dort spielt Mathesons Roman.

Unterteilt ist das Buch nicht in klassische Kapitel, sondern durch Datumsangaben und Uhrzeiten, wobei letzteres immer ein Unterkapitel bildet. Die Geschichte spielt im Dezember 1970 und beginnt am 18. Dezember um 15:17 Uhr. Wer hier eine traditionelle Geistergeschichte erwartet, wird überrascht sein.

Das Belasco House gehört zu den berühmtesten Spukhäusern Amerikas und liegt in der Nähe der Caribou Falls, Maine. Das Gebäude wurde 1919 von einem Mann namens Emeric Belasco erbaut, einem bösartigen Zeitgenossen, der hinter den Mauern des Hauses seine eigene private Hölle errichtet hatte. Es kamen Leute zur Besichtigung, die das Haus nie wieder verließen, so sehr hatten sie sich an die animalische Lebensweise dort gewöhnt. Bis 1928 gehörten Orgien, Verstümmelungen, Mord, Nekrophilie und Kannibalismus zur Tagesordnung. Irgendwann entschied Belasco sich dafür, nicht mehr aktiv einzugreifen, sondern der Hölle, die er geschaffen hatte, nur noch als Beobachter beizuwohnen. Im November 1929 ließen die besorgten Verwandten einiger seiner Gäste die Behörden in das Haus eindringen. Niemand war mehr am Leben, Belascos Leiche aber wurde nie gefunden. Es gab zwei Versuche, das mysteriöse Haus zu untersuchen – 1931 und 1940 – beide Versuche endeten in einer Katastrophe. Nur ein Teilnehmer überlebte dieses Unternehmen, acht andere entkamen ihrem Schicksal nicht, starben unter merkwürdigen Umständen, begingen Selbstmord oder wurden verrückt.

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Wie tief ist deine Schuld / Ruth Ware

Wie tief ist deine Schuld

Der Titel stammt von einem Spiel, das die Mädchen in der Schule spielten, bei dem sie sich gegenseitig Punkte dafür gaben, dass sie die Leute außerhalb ihres Kreises die haarsträubendsten Lügen glauben ließen. Es ist ein albernes Spiel, das nach hinten losgeht, und als die Mädchen in ihrem letzten Schuljahr von der Schule verwiesen werden, kommt der Ruf, den sie durch das Spiel aufgebaut haben, zurück, um sie zu verfolgen.

Der Grund für den Rauswurf wird im Laufe der Geschichte angedeutet, ebenso wie die Umstände des mysteriösen Todes von Kates Vater, der zufällig auch der Kunstlehrer der Schule ist. Etwas, das die Frauen während ihrer Schulzeit getan haben, droht nun ans Licht zu kommen und gefährdet das Leben, das sie sich seitdem aufgebaut haben. Es gibt viele von Ware’s typischen Wendungen. Ich fand, dass die große Enthüllung nicht so schwer herauszufinden war wie in ihren früheren Romanen, aber es war immer noch ein unterhaltsamer Ritt.

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Das Vermächtnis der Drei ???

Phantastikon Journal

Als Vorbereitung auf den Re-Read der Drei Detektive kann das Portrait über Robert Arthur dienen. Jugendbücher sind für mich erst in den letzten zwei Jahren wieder (oder überhaupt) in den Fokus gerückt, und ich hatte meine Zweifel, ob sich dieses Leseabenteuer überhaupt für das Phantastikon eignet. Ich hatte es schon einmal mit einigen Rezensionen versucht, gelesen wurden sie – wie zu erwarten – gar nicht. Literatur ist überhaupt immer eine rein persönliche Angelegenheit, man teilt sie nur zum Schein, und das das Weblog längst seinen Anspruch, ein führendes Magazin zu werden, aufgegeben hat, sind rein persönliche Interessen völlig legitim geworden.

Bevor es also mit Das Gespensterschloss losgeht, hier noch einmal eine kleine Übersicht, die ganz allgemein gehalten ist. Ich muss dazu sagen, dass ich alles außerhalb der 43 Originalbände ignoriere und deshalb die Vergangenheitsform benutze.

Justus Jonas, Bob Andrews und Peter Shaw waren ein Trio von dreizehnjährigen Jungen, die sich durch die Pubertät kämpften und gleichzeitig ihre eigene (äußerst effektive) Junior-Privatdetektei betrieben. Just war der Anführer der Gruppe, ein ehemaliger Kinderschauspieler, der früher als Baby Fatso in Die kleinen Strolche bekannt war (ein Spitzname, den er verständlicherweise verachtete), und der nie zögerte, mit seinen endlosen intellektuellen Fähigkeiten und seiner Neugier zu protzen. Peter war derjenige von den dreien, der am ehesten an einen der in Deutschland völlig unter den Tisch gekehrten Hardy Boys erinnerte (nun, nicht ganz, denn 6 Bände von 127 wurden von Schneider-Buch herausgegeben).

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Die 5 beliebtesten Bibliothekare der Fantasy

Ob Fahrenheit 451 oder Der Name der Rose – eine Bibliothek spielt in der Literatur selbstverständlich immer  eine große Rolle. Interessanterweise gibt es in einer Zeit, da man für jedes Setting auch einen eigenen Genrebegriff parat hat, keinen, der sich Library Fiction oder Library Fantasy nennt. Aber den sollte es durchaus geben.

Zugegeben, meist dominiert in Geschichten über Bücher und Bibliotheken vorrangig ein anderes Genre wie etwa die Urban Fantasy oder schlicht der Thriller. Bibliotheken sind also Genreübergreifend. Ihr Stellenwert und ihr Einsatz unterscheidet sich am Ende wohl doch zu sehr voneinander, um daraus ein eigenes Genre zu schmieden.

Und trotzdem: Wenn in einer Urban Fantasy-Story Vampire die Hauptrolle spielen, spricht man von Vampire Fantasy. Oder nehmen wir den Steampunk, der ja grundsätzlich nicht von der Urban Fantasy zu trennen ist, aber aufgrund seiner spezifischen Eigenheit dann doch eher der Science Fiction zugerechnet wird.

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Waldfrauen, Beschützerinnen des Waldes

Seltsame Begebenheiten

Die Waldfrauen der Folklore sind unter vielen verschiedenen Namen bekannt, je nach lokaler Tradition: grüne Frau, skoggra, skogsfru – Holzfrau, Wunschfrau, Holzmädchen und Waldfrauen. Man glaubte, dass sie zum gleichen Feenvolk wie Elfen, Zwerge und Geister gehörten und tief im Herzen der alten Wälder wohnten [1]. Sie scheinen eine ähnliche Rolle gespielt zu haben wie die Dryaden der antiken griechischen Mythen, da ihr Leben mit dem Wohlergehen des Waldes verflochten war. Es hieß, dass eine Waldfrau sterben würde, wenn der Stamm eines jungen Baumes so lange gedreht wurde, bis die Rinde abgerissen war [2].

Die Dryade von Evelyn De Morgan –
Public Domain

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Max Seeck: Hexenjäger

Die Geschichte in „Hexenjäger“ ist so aufgemacht, dass sie zunächst wie ein nordischer Noir mit einigen okkulten Wendungen aussieht. Die zentrale Idee ist eigentlich interessant: Die Frau eines finnischen Thriller-Autors, der mit seiner sensationellen Trilogie über die Hexenjagd der Inquisition einen Weltbestseller gelandet hat, wird auf eine Weise ermordet, die zu einem Mord in einem seiner Bücher passt. Die Inszenierung ist spektakulär, der Autor selbst unsympathisch, und die Zahl der Leichen steigt weiter, da die Mörder all diese grauenhaften Morde nachstellen.

Hier gibt es jede Menge Potenzial: viele Morde in einem sehr kurzen Zeitraum, Morde, die so kompliziert und genau choreographiert sind, dass sie wie eine für die Polizei inszenierte Oper wirken, ein Expertenteam von talentierten, aber schrulligen Polizeibeamten aus Helsinki, die unermüdlich die Hinweise abarbeiten, von denen sie wissen, dass die Bösewichte sie an der Nase herumführen. Das ist alles gut, aber es kristallisiert sich im Laufe der Lektüre immer mehr heraus, dass die Verfolgung von Serienmördern mit einer Besessenheit für das Okkulte und einem Gespür für das Dramatische nicht wirklich das ist, worüber Max Seeck eigentlich schreiben will.

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