Das Portal zu einem alternativen Universum in „Stadt ohne Namen“

Vertraut ist dem Leser und Maniac des Kosmischen Grauens der Typus des Forschers, den Lovecraft uns vorausschickt, eine Welt zu erschließen, die gehörig an unserem inneren Wahrnehmungskosmos rüttelt. Eine, die nicht vom Menschen ausgeht. So lese ich zumeist. Die uns unser Dasein auf dem Erdball, unser Erleben und die Empfindungen, die wir daraus ableiten, mächtig dunkel einfärbt. Schon früh als „literarischer Kopernikus“ von seinen Schriftstellerkollegen eingestuft, gibt er uns den neugierigen, besonders empfänglichen Typus an die Hand. Der über so viel Wissen verfügt, dass ihm mindestens klar sein muss, oder spätestens während seiner Erkundungsodyssee absolut klar werden wird, dass er im Grunde nichts weiß. Dass er mehr und mehr erfährt, was ihm widerfährt, je weiter er sich wagt, während er die Zeit gewissermaßen hinabkriecht. Eine Figur aus sich, aus Lovecraft selbst genommen, die ihm als Schablone diente, sich seinen Yog-Sothoth-Mythenzyklus (oder, wie es dem Gros der Leser und Fans durch August Derleth, den man auch den Erdgucker schimpft, in den Mund gelegt wurde: Cthulhu-Mythos) zu erschreiben. Eine Figur, wie wir sie immer wieder in seinen Erzählungen finden. Der kosmische Archäologe. -Klar! Bedeutet ἀρχαῖος (archaios) zu deutsch nichts anderes als alt. Die Lehre vom Alten, den Altertümern. Oder: den “Großen Alten”. Also richtig alt. Fossiler als fossil. Urur sozusagen. The Beginning … vielleicht …

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Carmilla, der Vampir (Hörspiel)

Carmilla

Viel prämiert ist sie mittlerweile, die Gruselkabinett-Hörspielserie aus der Hörschmiede der Titania Medien, die zu ihrem Einstand 2004 die 1872 erschienene Novelle Carmilla des irischen Autors Joseph Sheridan Le Fanu adaptierte und bis dato unzählige veröffentlichte Hörspiele vorgelegt hat. Von der Schauerromantik bis zur Science-Fiction. Meisterwerke der Phantastik. Brilliant vertont?

– Das will ich herausfinden. Und steige seit langem wieder, seit meiner Kindheit, in die Tiefen meiner Gehörgänge hinab, die mich einst in die üppigen Märchenlande und -wälder der Gebrüder Grimm oder eines Hans Christian Andersen führten.

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Elizabeth Kostova: Der Historiker

Dracula

Der in Schäßburg (wo man heute noch sein Geburtshaus besichtigen kann) geborene Vlad Tepes war bereits zu seinen Lebzeiten eine Legende. Über seine Grausamkeiten kursieren im Westen die unterschiedlichsten Geschichten (während im Osten ganz andere Variationen kursieren), und nicht zuletzt lieferte er einen Teil der Blaupause zu Bram Stokers “Dracula”. Aufzeichnungen vermuten sein erstes Grab in der Kirche des Klosters einer Insel im Snagov-See. Als man es öffnete, fand man es allerdings leer. Das passt als Grundlage für den Vampirmythos recht gut ins Bild, denn wenn er nicht in seinem Grab liegt, könnte das durchaus bedeuten, dass er noch lebt. In Elizabeth Kostovas vielgerühmten Roman tut er das tatsächlich.

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Verwandelte Knochen

Ich mag heute Agnostiker sein, aber ich bin mit der katholischen Kirche aufgewachsen. Eine Kindheit, die geprägt war vom Geruch verbrannter Kerzen und von Bildern der Folter, von denen man träumte. Hier erfuhr ich das Schrecklichste, was mein kindlicher Geist je erleben sollte: das, was die Kirche Transsubstantiation nannte. Die Vorstellung, dass etwas auf geistiger Ebene in etwas anderes verwandelt werden kann.

Dass dieses Stück Waffel in Wirklichkeit ein Leichenteil war. Dass dieses Glas Wein in Wirklichkeit Blut war. Eine Vorstellung, die mich bis ins Mark erschreckte und die der Schlüssel zu dieser unfassbaren Idee des ontologischen Horrors ist. Dass nach außen hin etwas normal und unverändert erscheint. Aber irgendwie, tief in seinem Inneren, ist es faul.

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Alptraum-Horror

Das Horrorpublikum deckt ein weites Spektrum ab, aber am jeweiligen Ende finden sich zwei Extreme. Diese gegensätzlichen Positionen entsprechen weniger einem Interessenkonflikt als dem Grad des Morbiden.

An einem Ende haben wir die Leute, die den Horror genießen, wenn darin das übernatürliche Chaos in Schach gehalten wird. Deren extravaganter Anteil ist relativ gering. Die innere Logik der Horrorgeschichte muss sich nahe am täglichen Leben orientieren. Sie nehmen ihren Horror wie ein Abstinenzler Honig; nur, um den Gaumen ganz leicht zu kitzeln.

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Drachen

Phantastikon Journal
Quetzalcoatl
Quetzalcoatl

Diese seit menschengedenken in allen Kulturkreisen bekannten Wesen, die die Länder und Lüfte spielend eroberten wie kein anderes, sind in den Köpfen der Menschen, besonders in Literatur und Film, bis heute existent. Faszinierende Mischwesen mit einem großen langen Schwanz, die manchmal ihren Gegnern sogar vielköpfig Feuer unter’m Hintern machten. Manchmal mit einem Löwenkopf, manchmal mit einem Krokodils-, Panther- oder Wolfskopf. Einem Vogel gleich seien sie, da sie Flügel (häufig Flughäute) hätten, mit denen sie fliegen könnten. Schuppige Reptilien seien sie, die einer Schlange sehr ähnlich sähen. Ebenso aber seien sie Raubtiere mit riesigen greifartigen Klauen oder Tatzen an den Vorder- und Hinterbeinen, die verspeisen würden, was sie fassen könnten. In Klassen unterteilt wurden sie. Und so gab es auch jene, die man zu den Wyvern zählte, die vor allem in der Heraldik Einzug hielten, die nur zwei Vorderbeine, Flügel und einen schlangenartigen Unterleib hatten. Als auch jene, die man den Kriechdrachen zuordnete, die ganz ohne Füße auskommen mussten.

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