Wolfgang Hohlbein – Die Spur des Hexers

Heute geht es um Wolfgang Hohlbein und seinen Hexer von Salem. Das war eine Roman-Serie, die von 1985 bis 1987 im Bastei-Verlag erschien, vorher aber schon im legendären Gespenster-Krimi startete, auch wenn es dort nur zu sechs Ausgaben kam. Später wurde die Serie im Taschenbuch weitergeführt und zum Schluss wurden 24 überarbeitete Bücher daraus. Hohlbein musste sich in vielen kindischen Kommentaren der Kritik aussetzen, dass er sich ordentlich bei Lovecraft bedient hat. Interessanterweise ist das genau der Sinn der Sache, aber im Gegensatz zu den Vielen, die heutzutage versuchen, wie Lovecraft zu klingen oder sogar Lovecraft zu sein, spinnt Hohlbein eine ganz eigene Variante im kosmischen Horror zusammen, die natürlich auf Unterhaltung abzielt – auf was denn sonst? Ich möchte mir an dieser Stelle die Serie eine Zeitlang anschauen und beginne mit dem Buch Die Spur des Hexers. Hohlbein hat erst 1990 den eigentlichen Beginn seiner Geschichte veröffentlicht. In diesem Prequel treffen wir Robert Craven nur am Rande an, denn er ist dort erst drei Jahre alt. Hauptakteur ist demnach dessen Vater Roderick Andara.

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Die Enwor-Saga von Wolfgang Hohlbein

In den 80er Jahren haben einige sehr interessante Werke der Fantasy ihren Ursprung. Stephen King begann sein gewaltiges Epos Der dunkle Turm, Stephen R. Donaldson legte seinen Thomas Covenant vor. Und es gab noch andere, die heute zur Grundlage dieses Genres zählen, alles in allem aber war es ein Tasten im Dunkeln. Die meisten Autoren zeigten sich von Tolkien inspiriert, der wie ein Magnet alle Ideen an sich zu reißen schien. Deutsche Autoren waren ohnehin nicht auf dieser Landkarte verzeichnet. Einer von ihnen machte aber gleich in seiner Anfangsphase dann doch von sich reden: Wolfgang Hohlbein. Und scheinbar brauchte der Mann keine Anlaufzeit, denn mit dem ersten Buch seiner Enwor-Saga brach er nicht nur mit der Tradition Tolkiens, sondern demonstrierte auch gleich jene ungeheure Fabulierlust, die ihm nicht nur Lob einbrachte. Was wenige wissen: unbeobachtet von der internationalen Entwicklung war er einer der ersten, die mit Enwor einen Erzählton einführten, der heute als Grimdark Fantasy in aller Munde ist und von Meistern wie Steven Erikson, George R. R. Martin, Scott Lynch oder Joe Abercrombie zu voller Blüte gebracht wurde. Heute gilt es als selbstverständlich, Glen Cook und seine „Black Company“ – Romane als Vorläufer des Genres zu betrachten, die ebenfalls in den 80ern ihren Ursprung haben, aber Wolfgang Hohlbein war ein ganzes Jahr früher dran. Und das ist noch nicht alles: Enwor ist sogar besser. Das zeigt vor allem eins: die schlechte Anbindung deutschsprachiger Literatur an die internationale – und vornehmlich die englischsprachige phantastische Literatur – zu jener Zeit. Wolfgang Hohlbein hat, bescheiden wie er ist, auch niemals darauf hingewiesen. Wahrscheinlich weiß er es nicht einmal. 

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Der verführerische Fremde in dunklen Gassen: H. P. Lovecrafts „Er“

Heute sehen wir uns die Story „ER“ etwas genauer an. Sie wurde im August 1925 geschrieben und im September 1926 im Weird Tales Magazine veröffentlicht.

„Statt der Gedichte, die ich mir erhofft hatte, kam nur schauderhafte Leere und unbeschreibliche Einsamkeit; letztendlich erkannte ich eine furchtbare Wahrheit, von der noch nie jemand gewagt hatte, sie auszusprechen – das nicht flüsterbare Geheimnis der Geheimnisse – die Tatsache, dass diese Stadt aus Stein und Atemrasseln keine empfindungsfähige Fortführung des alten New York ist, so wie London diejenige des alten London und Paris die des alten Paris, sondern dass sie in der Tat ganz tot ist, ihr weitläufiger Leichnam unvollkommen einbalsamiert und infiziert mit sonderbar belebten Dingen, die nichts mit ihm zu tun haben, wie er einst im Leben war. Nach dieser Entdeckung konnte ich nicht mehr ruhig schlafen.“ (Übers. Perkampus)

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Clark Ashton Smith: Die Stadt der singenden Flamme

Diese Geschichte, 1931 zum ersten Mal publiziert, drückt sich kunstvoll vor einer schließlichen Interpretation. Die möglichen Auslegungen erhöhen stattdessen das Fragenpotential gegenüber einer Natur, die von der menschlichen Fantasie herausgefordert wird. Die bedingungslose Ästhetik, psychologische und metaphysische Tiefen, die auf direktem Wege die Erfahrung stärkster Sehnsüchte zulässt, die hinter der Alltagsrealität liegt und die für gewöhnlich nur halb wahrgenommen werden können.

Dies nur mit dem Begriff einer transdimensionalen SF-Geschichte zu etikettieren würde Smiths besondere Sicht auf die Frage auslassen, die eine kreativ-nihilistischen Brücke schlägt zwischen verschiedenen Bereichen des geteilten Raums an einem gleichen Ort, getrennt nur durch unterschiedliche Quanten. Sphären also, die Raum miteinander teilen, sich gegenseitig aber nicht wahrnehmen. (Everetts Viele-Welten-Theorie kam erst in den 50er Jahren auf).

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Der kataleptische Traum / Michael Knoke (Goblin Press)

Der kataleptische Traum

Es gibt wenige moderne Werke, denen man im Untergrund das Zeug zum Klassiker unterstellen kann. Das hat noch nicht einmal etwas mit der Qualität der Geschichte zu tun, sondern vielmehr mit einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Freilich ist das Werk des viel zu früh von uns gegangenen Michael Knoke nicht gerade in aller Munde, was uns und mich aber nicht davon entbindet, darauf hinzuweisen, dass hier ein außergewöhnlicher Autor die Fähigkeit besaß, eine bizarre und beklemmende Atmosphäre zu erschaffen, wie sie heute kaum mehr irgendwo anzutreffen ist. Das allein wäre noch nicht „klassisch“ zu nennen. Michael Knoke bedient sich hier eine detailreichen Sprache, die nicht künstlich antiquiert zu sein versucht, aber auch nichts von diesem platten Stil, den heute viele schreiben und für modern halten, erkennen lässt.

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Krabat / Otfried Preußler

Wie viele der klassischen (und guten) Kinderbücher hat auch Krabat von Otfried Preußler das Potenzial, Leserinnen und Leser unterschiedlichen Alters anzusprechen.

Der in der Tschechoslowakei geborene Preußler war einer der beliebtesten und bekanntesten Kinderbuchautoren Deutschlands. Noch als Jugendlicher wurde er zur Armee eingezogen und musste nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fünf Jahre als Kriegsgefangener in der Sowjetisch- Tatarischen Republik überstehen. Danach wurde er Schullehrer, ein Beruf, dem er trotz seines Erfolges als Schriftsteller viele Jahre lang treu blieb. Sein Debüt im Jahre 1951, Das kleine Spiel vom Wettermachen, verkaufte sich weltweit 7,5 Millionen Mal. Seine Geschichten, die in 55 Sprachen übersetzt wurden, beschwören magische Welten herauf, die von übernatürlichen Wesen bevölkert sind; seine Lebensaufgabe, so erklärte er einmal, war es, Nahrung für die Fantasie zu liefern. Für Krabat zeichnete er die Volksmärchen nach, die er als Kind liebte, und gründete das Buch auf einer wendischen Legende. Aber es ist Preußlers eigene Erzählkunst und Atmosphäre, die diesen Bildungsroman, der auf gotischen Horror trifft, zeitlos und prächtig zu einem unheimlichen Original machen.

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