H.P. Lovecraft: Verkünder des Erhabenen

Phantastikon Journal

Die meisten Menschen wissen, dass Grimms Märchen nicht das verwässerte Zeug sind, das uns Walt Disney gegeben hat. Sie sind viel düsterer, viel grimmiger. Wenn ich darüber nachdenke, kommen mir zwei Fragen in den Sinn: Erstens, wozu dienten die echten Geschichten? (Sie wurden von Generation zu Generation weitergegeben, und ich habe gehört, dass ihre Wurzeln so tief reichen, dass sie geradezu prähistorisch sind), und zweitens, warum wurden sie verschlimmbessert? Wir können nicht alles auf den armen Walt schieben.

Die Zensur des 19. Jahrhunderts

Der Reformimpuls des 19. Jahrhunderts hat viel Schaden angerichtet. Das ist ein großes Thema, aber im Moment konzentriere ich mich darauf, wie die Verwalter der Literatur den Geschmack kleiner Mädchen zu einem Nadelöhr machten, durch das alles passieren konnte. Der Haushalt, einst eine politische und wirtschaftliche Institution, wurde durch die industrielle Revolution und den Aufstieg des Wohlfahrtsstaates seiner Funktionen beraubt. Aber seine Befürworter interpretierten ihn neu und verwandelten ihn in den sicheren Hafen, den wir heute kennen, einen Ort der Gefühle und der Zärtlichkeit, einen Kult um Heim und Herd. Und Geschichten von Kindern, die zerstückelt und in Töpfe geworfen wurden, wollte man nicht mehr hören. (Nicht nur die Volksmärchen litten unter dem Messer, sondern auch die Bibel. Man weiß nicht, wie viele Jungen in der kirchlichen Sonntagsschule wegen der Flanellbilder verloren gingen. Mark Twain war einer davon.). Aber wenn Dinge, die einen vergessenen Zweck erfüllen, verloren gehen, kehren sie in neuer Form zurück.

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Das Schloss der Dämonen

Als der erste Professor Zamorra am 2.7.1974 in Heftform erschien, wusste noch niemand, dass hinter dem Sammelpseudonym Robert Lamont in Wahrheit Susanne Wiemer steckte, die damit den Grundstein für eine der langlebigsten Heftserien legte, natürlich nicht, ohne dass Helmut Rellergerd, Vater von John Sinclair, sich das Format ausgedacht haben soll. Zwar wird ihm die Erfindung von Zamorra angedichtet, allerdings kann sich weder er noch der Verlag daran erinnern, dass das wirklich so gewesen ist, und so bleibt das bis heute reine Spekulation.

Susanne Wiemer, die später noch eine Handvoll anderer Zamorras schreiben sollte, zeigt hier, dass sie die Hälfte ihrer männlichen Kollegen locker an die Wand zu schreiben vermochte, nicht nur was die Qualität ihrer Sprache betrifft. Nebenbei ist Das Schloß der Dämonen auch noch ein fein komponierter Gruselroman und einer der besten Erstlinge überhaupt. Es war die gute alte Zeit der gemalten Cover; auf der anderen Seite der großen Teiches machte sich gerade ein Mann daran, zur Legende zu werden, indem er mit einem Buch über ein Mädchen mit telekinetischen Kräften debütierte: Carrie; auf der Straße dominierten Mädchen in Miniröcken, kurz: die Welt war noch in Ordnung.

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Der Doppelgänger

Seltsame Begebenheiten
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen

Das PHANTASTIKON ist ein Kultur- und Literaturpodcast, der interessante Geschichten aufspürt. Wo immer sich also eine interessante Geschichte verbirgt, versuchen wir sie zu finden.

Episode 55: Der Doppelgänger
byMEP

In Kulturen auf der ganzen Welt glaubt man Geister, die den Tod überdauern, um in einem anderen Reich zu leben. Eine Anderswelt, von der gesagt wird, dass sie die Antworten auf viele unerklärliche Phänomene enthält, die in unserer Welt auftreten. Von Spukhäusern bis hin zu verfluchten Selbstmordplätzen, von Geistern bis zu Ghulen, von Hexen bis zu Zauberern hat die paranormale Welt Tausende von unbeantworteten Fragen für Suchende hinterlassen. Und in all diesen Szenarien nimmt der Doppelgänger eine bedeutende Rolle ein.

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In Kulturen auf der ganzen Welt glaubt man Geister, die den Tod überdauern, um in einem anderen Reich zu leben. Eine Anderswelt, von der gesagt wird, dass sie die Antworten auf viele unerklärliche Phänomene enthält, die in unserer Welt auftreten. Von Spukhäusern bis hin zu verfluchten Selbstmordplätzen, von Geistern bis zu Ghulen, von Hexen bis zu Zauberern hat die paranormale Welt Tausende von unbeantworteten Fragen für Suchende hinterlassen. Und in all diesen Szenarien nimmt der Doppelgänger eine bedeutende Rolle ein.

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Die Macht des Ortes in gotischen Settings

Phantastikon Journal
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen

Das PHANTASTIKON ist ein Kultur- und Literaturpodcast, der interessante Geschichten aufspürt. Wo immer sich also eine interessante Geschichte verbirgt, versuchen wir sie zu finden.

Episode 54: Die Macht des Ortes in gotischen Settings
byMEP

Man mag sich fragen, was das Geheimnisvolle an einer gotischen Umgebung ausmacht. Es ist das Zusammenspiel von Licht und Schatten, das Flüstern des Unbekannten und die uralte Anziehungskraft von Gebäuden, die den Lauf der Zeit erlebt haben und in denen jeder Stein ein Geheimnis birgt.

#schauerliteratur #literatur #gothic

Man mag sich fragen, was das Geheimnisvolle an einer gotischen Umgebung ausmacht. Es ist das Zusammenspiel von Licht und Schatten, das Flüstern des Unbekannten und die uralte Anziehungskraft von Gebäuden, die den Lauf der Zeit erlebt haben und in denen jeder Stein ein Geheimnis birgt. Die sich abzeichnenden Strukturen, das ferne Heulen und die nebelverhangene Luft schaffen eine Umgebung voller Spannung, und es ist diese Vorahnung, die den Betrachter anzieht und ihn nach mehr verlangen lässt, nach der Entschlüsselung der verborgenen Schichten.

Manderley

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Esswood House (Peter Straub)

Peter Straub kannte sich nicht nur im Jazz, sondern auch in der Literatur aus. Kein Wunder, dass es in seinem Werk von Referenzen nur so wimmelt. Den unbedarften Leser stört das nicht, weil er nicht weiß, was er da liest, für alle anderen ist diese Art von Rhizomatik ein Gewinn. Straub macht keinen Hehl daraus, dass er seine Denkanstöße aus der Literatur bezieht, die er bewundert und die ihn dann zu eigenen Werken inspiriert.

Auslöser war in diesem Fall ein Vorwort, das Straub für Robert Aickmans The Wine Dark Sea schreiben sollte. Aickmans Titel ist selbst ein Homer-Zitat. Wahrscheinlich hatte Straub zunächst gar nicht die Absicht, Esswood House wie Aickman klingen zu lassen, aber das in diesem Band Gelesene verfolgte ihn lange und nachhaltig, und so ist es nicht verwunderlich, dass Straubs eigentliche Stärke, die ansonsten in seiner Originalität liegt, hier einer fremden Hand weicht. Aickmans ungeheure Kraft auf dem Gebiet des diffusen Grauens wird hier allerdings nur selten erreicht. Liest man das Buch jedoch weder in der Hoffnung, Aickman zu finden, noch den gewohnten Straub, ist es ein außerordentlicher Gewinn.

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Die Stadt als Monster (Salem’s Lot)

Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen
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Das PHANTASTIKON ist ein Kultur- und Literaturpodcast, der interessante Geschichten aufspürt. Wo immer sich also eine interessante Geschichte verbirgt, versuchen wir sie zu finden.

Episode 50: Die Stadt als Monster (Salem’s Lot)
byMEP

In den agnostischen und sexuell freizügigen 1970er Jahren war der Vampir bereits seiner Mythologie beraubt und zu dem verkommen, was King „die Bedrohung durch das Lächerliche“ nannte. In deutlicher Abkehr von dieser Tradition reduzierte er den sexuellen Aspekt des Vampirs und verlieh dem Archetyp eine völlig neue Bedeutung, indem er seine Anziehungskraft auf den menschlichen Wunsch ausrichtete, seine Identität in der Masse aufzugeben.

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In den agnostischen und sexuell freizügigen 1970er Jahren war der Vampir bereits seiner Mythologie beraubt und zu dem verkommen, was King „die Bedrohung durch das Lächerliche“ nannte. In deutlicher Abkehr von dieser Tradition reduzierte er den sexuellen Aspekt des Vampirs und verlieh dem Archetyp eine völlig neue Bedeutung, indem er seine Anziehungskraft auf den menschlichen Wunsch ausrichtete, seine Identität in der Masse aufzugeben.

Kings wichtigste Neuerung bestand jedoch darin, dass er eine mythische Kleinstadt im Sinne der amerikanischen Schauerliteratur imaginierte und diese Stadt selbst zum Monster machte; die Bevölkerung, normalerweise Opfer des Vampirs, wird hier als hirnlose Masse zur Bedrohung, als Pestwolke oder primitive Horde.

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