Das Scheitern der Furcht

Die Protagonisten sind weder angehende Hollywood-Größen noch durch Gymnastik gestählte Körper, die im Film in unterschiedlichen Phasen der Nacktheit gezeigt werden: es sind alltägliche Leute, die den Hauptteil des Films in Parkas rumlaufen. Das Dokumentarfilm-Motiv ist mittlerweile selbst zu einem Klischee verkommen, aber wir sehen noch immer die gleichen jungen Stahlkörper, die in Scheiben geschnitten und zu Würfeln gepresst werden, auf ihrem unvermeidlichen Weg in das nächste Sequel. Nicht wirklich beängstigend. Genauso wenig wie die literarische Seite der Gleichung – selbst durch die versiertesten Händen (und ich glaube, dass wir eine kleine Renaissance des Genres erleben) – gelingt es kaum, mich zu verunsichern.

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Die „Seltsame Geschichte“

Wir hören in letzter Zeit viel über die steigende Popularität der Weird Fiction. (Anm. Ich behalte hier die Originalbezeichnung bei, weil der Begriff in seiner eigentlichen Bedeutung nicht ins Deutsche übertragen werden kann, ohne fälschlich behandelt zu werden. Die häufigen und gebräuchlichen Übersetzungsfehler „Literatur der Angst“, „Unheimliche Literatur“ usw. führen hierbei nur in eine Sackgasse.)

Wie viel oder wie wenig dieses neue Aufkommen mit der New Weird-Bewegung von vor einigen Jahren zu tun hat, überlasse ich den Diskussionen der Gelehrten. Über kurz oder lang kann man sagen, dass uns alle paar Jahre ein neues Konzept als das neue große Ding der Horrorliteratur präsentiert wird, und im Moment ist es ein Stamm unheimlicher Erzählungen, die ihre Inspiration hauptsächlich (wenn auch nicht immer offensichtlich) von Lovecraft, aber auch von Chambers, Howard, Ligotti und so weiter beziehen. Sie wird mit anderen Genres kombiniert, verdünnt und in verschiedenen Formen verzerrt, aber am Ende des Tages, im Hier und Jetzt, ist die „Weird Fiction“ König.

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T. E. D. Klein – Botschafter des Grauens und der Romantik

Phantastikon Journal

Geschrieben von Frank Duwald

1.

QUAL DES SCHREIBENS

Die gesammelten Widersprüche des T. E . D. Klein

Wenn es in der zeitgenössischen Literatur einen Autor gibt, der sich dem Schreiben durch puren Masochismus verbunden fühlt und sich in seiner Qual trotzdem wegweisende Werke abringt, dann ist das wohl T. E. D. Klein, der Autor eines bemerkenswert schmalen aber wahrlich nicht unbedeutenden Œuvres.

„Ich bin einer dieser Leute, die alles tun würden, um dem Schreiben auszuweichen. Alles!”1,  sagt er. „Ich finde das Schreiben von Fiktion irrsinnig hart. Ich denke, ich bin ein extrem guter Lektor für anderer Leute Werke, […] aber es ist eine entsetzlich harte Arbeit für mich, irgendetwas Eigenes zu produzieren.“2

In einem Zeitraum (wir sprechen von mehr als 25 Jahren), in dem Stephen King ein ganzes Hochregallager mit seinen Büchern füllen kann, hat T. E. D. Klein einen Roman (The Ceremonies), fünf längere Erzählungen bzw. Novellen („The Events at Poroth Farm“, „Petey“, „Black Man With a Horn“, „Children of the Kingdom“ und „Nadelman’s God“) und etwas Kleinzeug (ein paar Kurzgeschichten, Essays und Rezensionen) zustande gebracht. Warum das so ist, erklärt er Carl T. Ford, dem Herausgeber des britischen Fanzines Dagon wie folgt:

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John Crowley und die Frauen

Phantastikon Journal

1. Und das Nachtragende …

“Mein Schreibmodell ist Shakespeare: nicht jeder Leser wird ein Buch von mir unmittelbar verstehen, aber es wird mit jedem Wiederlesen durchschaubarer.”1

Allein dieser Ausspruch dürfte ausreichen, eine Vielzahl von Lesern abzuschrecken. Das hört sich nach harter Arbeit und nicht gerade nach entspannender Lektüre an. Und doch liegt der entscheidende Vorteil dieses Schreibmodells auf der Hand: Ein Buch, das sich immer wieder lesen lässt, ist für die Ewigkeit gemacht. Was ist dagegen das kurze Vergnügen eines Reißers, den man kein zweites Mal lesen will?

John Crowley ist seit vielen Jahren so etwas wie eine graue Eminenz in der Literatur. Seine Bücher verleiten inzwischen insbesondere Schriftstellerkollegen zu euphorischen bis ehrfürchtigen Äußerungen. So ließ Peter Straub sich mit den Worten zitieren: “Crowley ist so gut, dass er jeden anderen im Staub zurückgelassen hat.”2

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