Von Mausdetektiven und Menschen

Basil, der große Mäusedetektiv / ©Twentieth Century Fox of Germany GmbH
©Twentieth Century Fox of Germany GmbH

Bist du ein Mensch oder bist du ein Maus-Detektiv? In den Zeichentrickfilmen der Walt-Disney-Studios (in denen ein solcher „Maus-Detektiv“ vorkommt) kann man sich für Letzteres qualifizieren, indem man besonders loyal, freundlich oder unermüdlich ist. Aber vor allem muss man laut Disney besonders mutig sein, um ein Maus-Detektiv zu sein. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass Disney-Filme seit langem für die positivsten Darstellungen der Schädlingsgemeinschaft im 20. Jahrhundert verantwortlich sind, von den Maskottchen Micky und Minnie Maus über die winzigen Helfer in Cinderella bis hin zu den triumphierenden Helden in Die Retter in Down Under und dem sternäugigen Rattenchef in Ratatouille. Alle diese Figuren, so unterschiedlich sie auch sein mögen, eint der Gedanke, dass Mäusen das gelingt, was Menschen nicht können; was ihnen an Größe fehlt, machen sie durch ihr Herz wieder wett.

Aber bedeutet es mehr, ein Maus-Detektiv zu sein, als einfach nur eine Maus zu sein? Das fragt Disneys heute beliebter Film von 1986, Basil, der große Mäusedetektiv, der trotz guter Kritiken an den Kinokassen nur mäßig erfolgreich war. Der titelgebende Detektiv des Films ist Basil aus der Baker Street, ein munteres Mausgenie, das in einer winzigen Wohnung unter der Wohnung des echten Holmes in der Baker Street 221 in London um 1897 lebt. Es lohnt sich zu wiederholen, dass Basil nicht einfach nur ein Abbild von Sherlock Holmes in einem mit Mäusen neu geschaffenen Universum ist; er ist das Maus-Gegenstück zu einem koexistierenden menschlichen Holmes. Jeder Mensch hat hier ein Maus-Gegenstück. Dr. Watson hat die dicke, lustige Maus Dr. Dawson. Holmes‘ Vermieterin, Mrs. Hudson, hat ihr Pendant in der Maus Mrs. Judson. Und es gibt sogar eine Mausversion von Königin Victoria, die unter dem Buckingham Palace lebt.

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Das College / Ruth Ware

Ruth Ware ist bekannt für ihre großartigen Psychothriller, die an illustren Schauplätzen spielen, die von einem rustikalen französischen Ski-Chalet bis zu einem dekadenten Kreuzfahrtschiff reichen. Ihr Roman The It Girl mag sich daher ein wenig wie eine Abweichung von ihrer gewohnten Form anfühlen. Der Schauplatz ist weniger luxuriös – er spielt (wie der deutsche Titel bereits suggeriert) in den Studentenwohnheimen der Universität Oxford und in den Straßen des heutigen Edinburgh – und obwohl die Geschichte voller gewohnter Spannung ist, ist das Opfer in dieser Geschichte mehr als ein Jahrzehnt vor den Ereignissen gestorben und das Leben ist weitergegangen.

Dennoch ist das Mysterium, das im Mittelpunkt von „Das College“ steht, genauso treibend wie jede andere Geschichte der Autorin, dank ihrem geschicktem Einsatz von zwei sich abwechselnden Zeitebenen, um sowohl die Erzählung voranzutreiben als auch das Leben des toten Mädchens in ihrem Zentrum zu vertiefen. Die sich ständig verändernden Zeitabschnitte – einer, in dem wir uns im Laufe des ersten Jahres der Schüler dem unvermeidlichen Mord an April nähern, und einer, in dem wir der Lösung des Falls ein Jahrzehnt später langsam näher kommen – sind so untrennbar miteinander verwoben, dass sie sich organisch zu einer dramatischen und explosiven Schlusskonfrontation aufbauen. Ob die Auflösung am Ende dann nicht etwas zu groß für die Geschichte ist, darüber kann man tatsächlich geteilter Meinung sein, aber es ist auf jeden Fall unmöglich, wegzusehen.

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Sherlock Holmes (Das erste Fandom der Geschichte)

Phantastikon Ikonen
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen

Das PHANTASTIKON ist ein Kultur- und Literaturpodcast, der interessante Geschichten aufspürt. Wo immer sich also eine interessante Geschichte verbirgt, versuchen wir sie zu finden.

Episode 36: Sherlock Holmes – Das erste Fandom der Geschichte
byMEP

Sherlock Holmes ist neben Dracula die am häufigsten adaptierte und inszenierte Kunstfigur der Popkultur. Dass der Detektiv weltweit bekannt ist, liegt jedoch nicht an den genialen Originalgeschichten, sondern an den unzähligen Filmen, Theaterstücken, Musicals und Comics. Fast alle Symbole und Phrasen, die aus den vielen Fernseh-, Film-, Theater- und anderen grafischen Reproduktionen stammen und heute scheinbar zum Kanon gehören – wie etwa der Deerstalker-Hut – kommen in den Texten überhaupt nicht vor.

Sherlock Holmes ist neben Dracula die am häufigsten adaptierte und inszenierte Kunstfigur der Popkultur. Dass der Detektiv weltweit bekannt ist, liegt jedoch nicht an den genialen Originalgeschichten, sondern an den unzähligen Filmen, Theaterstücken, Musicals und Comics. Fast alle Symbole und Phrasen, die aus den vielen Fernseh-, Film-, Theater- und anderen grafischen Reproduktionen stammen und heute scheinbar zum Kanon gehören – wie etwa der Deerstalker-Hut – kommen in den Texten überhaupt nicht vor. Doch während diese mit der Mode gehen, scheinen die Originalgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle, die immer wieder adaptiert werden, wie nichts zuvor oder danach in unserem kollektiven Bewusstsein verankert zu sein.

Der Reichenbach-Schock

Sherlock Holmes
Sherlock Holmes

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Wo liegt Entenhausen?

Comics
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen
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Das PHANTASTIKON ist ein Kultur- und Literaturpodcast, der interessante Geschichten aufspürt. Wo immer sich also eine interessante Geschichte verbirgt, versuchen wir sie zu finden.

Episode 35: Wo liegt Entenhausen?
byMEP

Es kommt für jeden einmal die Stunde, da er sich die Frage stellt, wo Entenhausen denn eigentlich liegt. Das mag heute weniger zutreffen als früher, als man quasi mit der Micky Maus als Magazin heranwuchs, während man  sich – langsam von der Brust entwöhnt – den ersten Brei einverleiben ließ.

Nun ist die Frage nach dem Wo naturgemäß nicht so leicht zu beantworten, was man allein daran erkennen kann, dass es darüber unterschiedliche Meinungen gibt. Über eine Stadt wie München muss man nicht diskutieren, sie verändert ihren Standort nicht.

Verändert denn Entenhausen seinen Standort?

Es kommt für jeden einmal die Stunde, da er sich die Frage stellt, wo Entenhausen denn eigentlich liegt. Das mag heute weniger zutreffen als früher, als man quasi mit der Micky Maus als Magazin heranwuchs, während man  sich – langsam von der Brust entwöhnt – den ersten Brei einverleiben ließ.

Nun ist die Frage nach dem Wo naturgemäß nicht so leicht zu beantworten, was man allein daran erkennen kann, dass es darüber unterschiedliche Meinungen gibt. Über eine Stadt wie München muss man nicht diskutieren, sie verändert ihren Standort nicht.

Verändert denn Entenhausen seinen Standort?

Eine italienische Postkarte von 1963, die durchaus etwas von Entenhausen an sich hat.

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Bis in alle Endlichkeit / James Kestrel

Bis in alle Ewigkeit

2022 gewann der Rechtsanwalt und Schriftsteller Jonathan Moore für seinen Roman „Five Decembers“ (Fünf Winter“) den Edgar Award. Ja, er gewann auch den deutschen Krimipreis (International), von dem ich aber bis heute nicht weiß, was ich davon zu halten habe. Manchmal benötigt man zwei Leben, um seine literarischen Arbeiten unterzubringen, also haben wir es hier erneut mit James Kestrel zu tun (unter Moore haben wir leider bisher nur „Poison Artist“ in Übersetzung vorliegen).

Der Privatdetektiv Leland Crowe lebt undercover in einem heruntergekommenen Hotel in San Franciscos Tenderloin. Eigentlich sammelt er Informationen über einen Kartellzeugen, als er eines Morgens Zeuge eines seltsamen Anblicks wird: Ein stark beschädigter Rolls Royce Wraith steht vor den Refugio Apartments, das Dach zerschmettert von der Leiche einer jungen, blonden Frau im schwarzen Cocktailkleid. Crowe macht ein paar Fotos und verkauft eines an ein Magazin. Die Tote wird als Claire Gravesend identifiziert, Tochter der einflussreichen und gefürchteten Olivia Gravesend. Während die Polizei von Selbstmord ausgeht, glaubt Olivia nicht an diese Erklärung und beauftragt Crowe, die Wahrheit herauszufinden.

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Robert Arthur – Alfred Hitchcock und Fledermäuse

Phantastikon Journal
Phantastikon – Magazin der Tausend Fiktionen
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Das PHANTASTIKON ist ein Kultur- und Literaturpodcast, der interessante Geschichten aufspürt. Wo immer sich also eine interessante Geschichte verbirgt, versuchen wir sie zu finden.

Episode 34: Robert Arthur – Alfred Hitchcock und Fledermäuse
byMEP

Es gibt wohl kaum einen Hörer oder Leser, der Die drei ??? nicht kennt. Vor allem die heute schon etwas älteren ”Kassettenkinder” sind den berühmten Hörspielen von Europa, die seit 1979 ausgestrahlt werden, sehr treu. Natürlich ist es nicht so, dass die Serie nur bei uns bekannt wäre, aber irgendwie scheint es, dass Robert Arthur sie vor allem für uns erfunden hat, aber das wusste er natürlich nicht; und er hätte es auch nie erfahren, denn er starb 1969.

Robert Arthur am Radio. Foto aus dem Archiv von Elizabeth Arthur.
Robert Arthur am Radio. Foto aus dem Archiv von Elizabeth Arthur.

Es gibt wohl kaum einen Hörer oder Leser, der Die drei ??? nicht kennt. Vor allem die heute schon etwas älteren „Kassettenkinder“ sind den berühmten Hörspielen von Europa, die seit 1979 ausgestrahlt werden, sehr treu. Natürlich ist es nicht so, dass die Serie nur bei uns bekannt wäre, aber irgendwie scheint es, dass Robert Arthur sie vor allem für uns erfunden hat, aber das wusste er natürlich nicht; und er hätte es auch nie erfahren, denn er starb 1969. Zu diesem Zeitpunkt hatte er zehn Bücher der Serie geschrieben und Dennis Lynds, der unter dem Pseudonym William Arden insgesamt 14 Bände beisteuerte, zwei weitere.

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