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Das Trickster-Phänomen in „Mein Name ist Nobody“

Viele, die den Film heute noch mögen, verbinden Kindheitserinnerungen damit. Ein späterer Einstieg ist logischerweise möglich, wird aber von einer ganz anderen Sehgewohnheit dominiert. Als Hybrid zwischen Komödie und melancholischen Abgesang auf das ganze Westerngenre ist „Nobody“ jedoch einzigartig und hat mehr Tiefgang, als man das oberflächlich betrachtet vielleicht vermutet.

Ende der 60er Jahre war das Westerngenre, dem der Italowestern noch einmal eine neue Nuance zuführte, im Niedergang begriffen. Mit dem Duo Spencer/Hill entstand der sogenannte Prügelwestern, der den Klamauk und die Persiflage im Sinn hatte und dadurch dem Genre mit den Trinità-Filmen (Originaltitel der Spencer/Hill-Western) noch einmal zu mehreren Kassenschlagern verhalf. Das rief noch einmal Sergio Leone auf den Plan, der mit „Mein Name ist Nobody“ eine Reaktion auf diese Parodien des Italowesterns zeigte. Terence Hill spielt im Grunde auch bei Leone und Tonino Valerii (der in Leones Film als Regisseur genannt wird) nichts anderes als besagten Trinity, und doch funktioniert der Film völlig anders als die Komödien zusammen mit Bud Spencer.

Leone selbst bezeichnete „Nobody“ als den letzten Western, den man machen kann: das Zusammentreffen zwischen Ernst und Satire. Terrence Hill kommt dabei der Part des neuen Zeitalters zu, Henry Fonda der des alten, und zwar in der Inkarnation aller mystischen Figuren des Westens. Und darin liegt die Kernaussage: Der legendäre Revolverheld Jack Beauregard verkörpert nicht nur einen alternden Helden, der in Rente gehen will, sondern steht für das Symbol all dessen, was einen Mythos ausmacht. Leone, ein Bewunderer der großen Epen Homers, greift auch hier (wie schon in anderer Form in seiner Dollar-Trilogie) in die Trickkiste der Archetypen. Namentlich: Als Polyphemus, der Zyklop Odysseus nach seinem Namen fragt, antwortet dieser: „Niemand.“ Nun ist dieser „Nobody“ im Film zwar kein Odysseus, aber listig ist er durchaus, denn er hat einen Plan, und den setzt er mit aller Überlegenheit durch.

Der Begriff „Trickster“ stammt aus der Psychologie und bedeutet im Grunde „Schelm“. C.G. Jung hat diesen Archetypen aus einer indianischen Erzählung heraus analysiert und erstmals begründet. Jener Schelm tritt nicht selten als „Schatten“ auf – und es ist kaum zu übersehen, dass „Nobody“ wie der Schatten Jack Beauregards handelt. Ein eigensinniger Schatten freilich, der gekommen ist, um ihn abzulösen, weil er den Elan des Neuen mitbringt, aber gleichzeitig die Forderung an das Vergangene, Überholte stellt, sich nicht einfach davonzuschleichen, sondern durch einen finalen Akt in die Geschichtsbücher einzugehen. Das ist doppeldeutig, denn „Nobody“ handelt aus einer Bewunderung heraus, die auch gleichzeitig eine Herausforderung nach alter Herren Sitte ist: Es gib einen legendären Revolverhelden, den andere suchen, um sich mit ihm zu messen und ihn auch zu besiegen. Einer von diesen ist auch dieser „Nobody“, der jedoch kein Interesse daran hat, sein Idol tatsächlich zu töten, weshalb es zu einem Scheinduell kommt. Am Ende haben also beide ihr Ziel erreicht. Die Bedrohung, die von „Nobodys“ Geschwindigkeit und Witz ausgeht, wird im Klamauk aufgelöst, ist aber deshalb noch lange nicht vom Tisch. Sie wird gerade durch die nicht zu fassende Schelmengestalt zu einem Mysterium, denn es steht außer Frage, dass „Nobody“ in allen Situationen der Überlegene ist. Doch es geht gut aus, der Film ist nicht auf die Härte der Italo- und Spätwestern ausgelegt. Vielleicht würde man heute das Ende anders drehen, zynischer. Aber nicht umsonst trägt Terence Hill auf dem Filmplakat sein Sattelzeug wie Engelsflügel.


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