Stranger Times

C.K. McDonnell – The Stranger Times

Stranger Times

Der in Limerick geborene und in Dublin aufgewachsene Caimh McDonnell ist ein ehemaliger Stand-up-Comedian und schrieb hauptberuflich für das Fernsehen. Parallel dazu widmete er sich der Arbeit an seinen humorvollen Krimis und debütierte 2017 mit dem Roman „One of those Faces“.

Mit seiner Stranger-Times-Reihe vermischt er jedoch erstmals Urban Fantasy, Paranormales, Mystery und Humor.

Das erste Buch dieser Reihe – The Stranger Times – liegt jetzt also auch in Übersetzung im Eichborn-Verlag vor, von dem ich auch das Rezensionsexemplar habe. Der zweite Band ist im Original für Januar 2022 angekündigt (was sich auf September 22 verschoben hat). Gleich zu Beginn lässt sich sagen, dass McDonnell hier ein starkes Eisen im Feuer hat. Dieser dunkle Witz, gepaart mit dem Seltsamen und Wunderbaren schlägt oberflächlich betrachtet vielleicht in die Kerbe, die Terry Pratchett und Douglas Adams hinterlassen haben und mag wieder andere an Ben Aaronovitchs „Die Flüsse von London“ erinnern, aber das ist nur eine ungefähre Markierung. McDonnells Ansatz und Weltenbau sind ein völlig anderer, nämlich der, dass die Realität seltsamer und befremdlicher sein kann als jede Fiktion.

„The Stranger Times“ stellt uns eine Reihe von Charakteren in einer wunderbaren Mischung aus Persönlichkeiten vor, von exzentrisch bis hin zu geradezu rüpelhaft und absolut allem dazwischen. Die Stranger Times ist eine Zeitung für das Seltsame und Wunderliche in Manchester und wird von dem völlig heruntergekommenen Alkoholiker Vincent Banecroft geleitet, einem ehemals ziemlich erfolgreichen Chefredakteur eines angesehenen Nachrichtenmagazins. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Nach dem Verlust seiner Frau geriet Vincents Leben in eine Abwärtsspirale. Er verlor jeden Respekt vor sich selbst und allen anderen und legt seitdem die Whiskyflasche nicht mehr aus der Hand.

Aus Gründen, die er selbst nie ganz verstanden hat, wurde er angeheuert, um die Redaktion der Stranger Times zu übernehmen, eine Zeitung, über die reichlich gespottet wird, die jedoch ihre eigene treue Anhängerschaft hat.

„Unter dem zerrupften Vogelnest seiner Frisur saßen graugrüne, blutunterlaufene Augen in einem Gesicht von blasser, unrasierter Haut. Er trug einen Anzug, für den sich eine Kleiderkammer höflich bedankt hätte, nur um ihn sofort zu verbrennen, sobald man zur Tür hinaus war. Vermutlich war er in seinen Vierzigern, aber der insgesamt so ungesunde Eindruck des Mannes beeinträchtigte Hannahs Einschätzungsfähigkeit. Irgendwie schaffte er es, gleichzeitig fett und dürr auszusehen. Er hatte etwas von einem Aasgeier.“

Als nächstes haben wir Hannah Willis, ehemalige Drinkwater.

Hannah versucht, nach einer gescheiterten Ehe, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie hatte ein Leben im Luxus geführt, aber ein untreuer Ehemann hat dem ein Ende gesetzt. Jetzt ist sie auf sich allein gestellt und sucht nach einem Job. Bei der Stranger Times wird eine Stelle frei, und ohne Vorbereitung oder Nachforschungen stolpert Hannah unwissentlich in ein Arbeitsverhältnis, das sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können.

Neben der Empfangsdame Grace, die buchstäblich die Stellung hält, besteht das Team aus Ox und Reggie, einem jungen Mädchen namens Stella und einem ziemlich seltsamen nackten Rastafari namens Manny, der den Keller, in dem die mächtige alte Druckmaschine steht, nur selten verlässt. Irgendwie schafft es dieser bunt zusammengewürfelte Haufen immer, die Zeitung pünktlich am Freitag herauszubringen, aber wenige Tage, nachdem Hannah zum Team gestoßen ist, nimmt die ganze Sache außergewöhnliche Dimensionen an.

Als ein Ereignis eintritt, von dem alle im Team persönlich betroffen sind, ändert sich die Dynamik, und sogar Vincent Banecroft weckt sein eingeschlafenes journalistisches Talent, um dieser schrecklichen Tragödie auf den Grund zu gehen.

McDonnell hat seiner Fantasie freien Lauf gelassen und diese fantastische Serie mit einem großen, lauten Knall begonnen. Er mischt das Übernatürliche mit dem Fantastischen in diesem rasanten Streifzug durch Manchester und hat das innere Kind entfesselt.

McDonnells Erfahrung als ehemaliger Stand-up-Comedian verleiht ihm ein Gespür für Timing, eine Ausgewogenheit, die sich in seinem Schreiben widerspiegelt und eine rundum fesselnde und spannende Lektüre ermöglicht.

Eines kann man mit Sicherheit sagen: Dieses Buch ist ein absolutes Vergnügen. Ausgezeichneter Stoff, der gegen Ende mit den üblichen Problemen der Urban Fantasy zu kämpfen hat. Das Geheimnisvolle schwindet und wird in gewissem Sinne zur Farce. Aber auch dieses etwas krude Zusammenführen aller Stricke und aufgemachter Wege können den grundsätzlich starken Eindruck nicht schmälern.

MEP

MEP

Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber des Phantastikon.

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