Wenn es aus heiterem Himmel knurrt und beißt

Ein Film. Genre mal zweitrangig. Zauberlandkulisse, von Sonne, Wind und Lust geküsst. Zwei junge, hübsche Frauen in knapp sitzenden Bikinis liegen am Strand. Eine Urlaubsbekanntschaft unter Paaren, die beiden Männer sind anderweitig beschäftigt. Gina, die Blondine raucht einen Joint und beschreibt ihr wildes, verrücktes Leben.

Cidney, die Dunkelhaarige, frisch verheiratet und just in den Flitterwochen, blickt verträumt und sagt: „Ich wünsche mir für die Zukunft einfach nur Kinder, ein Häuschen mit Garten, selbstgebackenen Kuchen im Ofen. Das ist für mich Glück pur.“ Gina schüttelt amüsiert den Kopf. „Glück ist relativ und im Regelfall bigott.“ Sie erzählt vom Pfarrer in ihrer Heimatstadt, den alle gerade heraus geliebt hätten.

„Ein rundum großartiger Mann“, sagt sie, „auf den niemand etwas hätte kommen lassen. Bis sich herausstellte, dass er kleine Jungs mochte. Seitdem muss mir niemand mehr etwas von heiler Welt erzählen.“ Sie grinst ironisch, sieht Cidney abwartend an. Die schweigt. Dreht spielerisch an ihren langen Locken. Dann sagt sie:

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Für den Fall der bösen Fälle: Augen zu, dann durch.

Erstaunlich, was prinzipiell sensible Zivilisten alles aushalten, wenn sie sich diese gewissen Filme angucken. Böse, blutige Filme. An Lötkolben, Kneifzange, Hammer, Schwert und Motorsäge im Folterkeller haben sie zwar nicht ihre helle Freude, verfolgen das alles aber recht entspannt, wachsam und mit diesem gewissen Einverständnis, das bei noch deutlich sensibleren Gemütern auf Unbehagen stoßen könnte.

Gilt die Vermutung, dass das Schlachten und Metzeln, zumal, wenn es verdient ist, insofern nicht sonderlich juckt, weil man sich, während man da so mit Knabberzeug im Sessel hockt, überhaupt nicht vorstellen will, dass einem selbst prinzipiell jederzeit abartig Schlimmstes widerfahren könnte. Möglich ist ja alles.

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Raumschiff Enterprise: Beam uns hoch, Scottie

Der Russe kam, weil die Prawda maulte. Captain Kirk trug Grün wegen der lästigen Pfunde. Scotty dachte sich eine galaktische Fremdsprache aus. Das Schiff misst 289 Meter und ist damit einen Tack länger als die Titanic. Und ansonsten gilt: Über 50 Jahre Enterprise- Knowhow in uns aus den Trekkie-Sphären. Good old school unendlicher Weiten in memoriam. Und keine Ruhe im (St-)All. Ergo:

Computerlogbuch der Enterprise. Sternzeit 81316. Captain Kirk. Raumschiff Enterprise auf dem Flug nach …

Galaxien, die NIE ein Mensch zuvor…

Startrektos
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Zu langsam für die Furcht

Zu langsam für den Kellerdämon. Für die Speicherhexe. Den schwarzen Mann. Den Bi-ba-butzemann. Den Bullemann. Buhmann. Kornmann. Wassermann. Ich hatte als Kind immer Angst davor, zu langsam zu sein. „Erst krieg ich dich, dann fress ich dich.“ Eine gruselige Drohung.

Mein Großvater sagte das gern. „Erst krieg ich dich, dann fress ich dich.“ Ich fürchtete mich, wenn er das sagte und lachte und nach mir griff. Meist entkam ich. Er war uralt und müde. Das war mein Glück.

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Das Spiel mit der Angst

Angenommen, es wäre so. Die Bahn steht, wir sitzen am Fenster, blicken hinaus, und da tauchen sie auf. Zombies. Zumindest sehen sie so aus. Könnten echt sein. Könnten sie tatsächlich?

Sie wanken, schlurfen, staksen, kommen. Sie rütteln an den Türgriffen, kratzen am Glas, schlagen ihre Köpfe gegen die Scheiben, glotzen uns sabbernd an. Würden wir denken, das sei ein schlechter Witz? Wären wir so verdammt realistisch, dass wir nicht ernsthaft in Erwägung ziehen würden, das könnte jetzt tatsächlich wahr sein? Glauben wir Verschworenen, die wir uns ständig auf dem Papier mit den tiefsten Abgründen des Möglichen beschäftigen, dass dort keine Zombies sein können? Nicht sein dürfen. Weil es sowas nicht gibt. Nein?

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Es ist angerichtet!

Ich habe diese sonderliche Sache von der jungen Frau gelesen, die ihre Zehen abschneidet, um sie zu essen. Genaugenommen isst sie nur die Hälfte, die verbleibenden fünf bietet sie guten Freunden an. Sie macht das nicht, weil sie dazu gezwungen wird. Oder einfach nur, krass und klar gesagt: Weil sie hungrig ist. Sie hat andere Gründe. Die spielen jetzt allerdings prinzipiell keine Rolle.

Entscheidend für mich ist an der ganzen bemerkenswerten Angelegenheit, dass ich, während ich das las, spontan dachte, dass an solch einem Zeh ja eh‘ nichts dran ist. Jedes noch so mickrige Hühnerbein ist da ergiebiger. Dachte ich und erschrak. Nicht unbedingt fürchterlich, dafür bin ich zu sehr Stammesschwester, aber immerhin recht eindrucksvoll. Innerlich schalt ich mich einen groben Klotz. Folter, Messer, Scheren, Rasierklingen, Beile, Qual und Blut…das war alles nicht auf meinem Bild zu sehen. Knochen, Sehnen, Schmerzen, Schreie, Ekel, Angst, Zorn, Unsinn, Schwachsinn, Irrsinn,Wahnsinn und noch mehr Blut…ist mir alles nicht eingefallen. Zumindest nicht sofort. Ich hatte einzig im Kopf, dass solch ein Zeh nicht sättigen kann. Auch nicht fünf.

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Familie Gämperl: So war das

Es gibt diese Geschichten, die irgendwie Steine schlucken lassen. Die so verstörend unangenehm sind, dass man sich schüttelt und denkt, dass das alles jetzt so irgendwie nicht wahr sein kann. Sollte. Dürfte. Ist es aber. Es ist so echt wie das zerbeulte Auto im Straßengraben. So wahr wie das Kreuzzeichen der alten Witwe, die seit zweiundzwanzig Jahren keine Farben trägt und dreimal über die rechte Schulter spuckt, wenn von links eine schwarze Katze kommt. So wahr und echt wie das Morden, die Folter, die unsinnigen Geständnisse, die abstoßende Zusatzstrafe und der Feuertod der Pappenheimer. Auf die stößt man, wenn man in Berichten über historische Serienmörder blättert. Die erwischen einen eiskalt. Und packen zu in der Nacht, die keinen Schlaf gönnen will, nur diesen finsteren Film zulässt, der sich immer wieder abspult, jeglichen Protest ignoriert, das Grauen rechtfertigt, das Entsetzen bespöttelt: So war das eben. Damals. Fertig.

Zimperlich war man Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts wahrlich nicht. Und wenig verwöhnt, was den Unterhaltungswert betraf, den das eigene Leben auf so kaltherzige, unfaire Art entbehrte. Wanderzirkus, Pranger, Laientheater. Gaukler, Diebe, Mörder, Huren, Kräuterweiber. Wunderheiler. Schmerzen. Schreie. Galgen und Schafott für das kriminelle Pack. Scheiterhaufen für das Hexergesinde. Der Rest war trister, harter Alltag.

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Die Weiße Frau

Im vertrauten Flüsterton sprechen wir über Frauen. Jene Frauen, die sich in weißen Kleidern irgendwo in Burgruinen, Altbauwohnungen, verwitterten Parkanlagen, Spiegeln und Bildern, auf Türmen, Brücken, Highways und vergilbten Schreckfotos, an dunklen Flüssen und bröckelnden Mauern zeigen. Wir sollen sie sehen. Ihr Leid und ihre Wut verstehen. Angst vor ihnen haben. Sie sind zornig. Verzweifelt. Und, das sei nicht vergessen: Sehr wohl mordlustig.

Weiße Frau
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Frank N. Furter: Unglaublich (gut!)

Schaurig schön ist er. Grotesk frivol. Ziemlich sexy und hübsch geheimnisvoll. Frank N. Furter aus der Rocky Horror Picture Show ist eine Art Pop-Vampir mit fetziger Musik und Schöpfer-Obsession im Blut, der auf den Staub alter Schule hustet und moralisch unbeherzt auf Stöckelschuhen seiner eigenen New-Wave-Wissenschaft frönt. Er kommt aus dem All, trägt Strapse und fletscht lüstern die blitzenden Zähne. Seine augenscheinliche Botschaft steckt in einem Korsett, seine tatsächliche ist genialer Glamour-Grusel, der so irre abgedreht ist, dass er in klugen Köpfen einfach funktionieren muss.

Rocky Horror 16
(c) 20th Century Fox
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Dämonen im Land der Dämmerung

Tatsächlich sind keine Dämonen im Land, das es nicht gibt. Von ihnen erzählt Astrid Lindgren nicht. Sie erzählt von einem einsamen Jungen, von einem winzigen fliegenden Herrn, von toten kleinen Menschen und greisen Unterirdischen mit roten Augen. Land der Dämmerung ist eine Kurzgeschichte, und sie gehört in ein Buch, das für mich geschrieben wurde. Nicht wirklich. Aber gefühlt. Gehofftt. Für wahr befunden als Kind. Und heute? Irgendwie immer noch.

Astrid Lindgren erzählt

Tatsächlich heißt das Buch einfach nur: Astrid Lindgren erzählt. Vom geheimnisvollen, uralten Tomte Tummetott, der wacht und hilft, wenn alle schlafen. Vom einsamen Lahm-Peter, der sich etwas Lebendiges wünscht. Von jenen, die man nicht bei Namen nennen darf. Und eben vom Land der Dämmerung. Ich denke, dass genau diese Geschichte die richtige für mich gewesen ist. Obgleich sie vermutlich nicht dafür gedacht war, mir jene Angst vertraut zu machen, die meine Phantasie seit jeher wortlos nickend begleitet hat, ohne mich selbst irgendwann so derart fassungslos verstummen zu lassen.

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