Batman (Der dunkle Ritter)

Die Geschichte von Batman ist ein moderner Mythos: Der junge Bruce Wayne muss zusehen, wie seine Eltern vor seinen Augen getötet werden. Er wächst auf mit dem festen Entschluss, das Verbrechen zu bekämpfen. Während er heranwächst, lernt Batman so ziemlich alle Kampfkünste, lernt wissenschaftliche Methoden kennen, wird Detektiv und bekämpft immer größere Bedrohungen in Gotham City, einer Stadt, die mittlerweile genauso legendär ist wie der dunkle Ritter selbst.

Batman ist einer der bekanntesten Charaktere in der Geschichte der amerikanischen Popkultur. Vielleicht sogar der bekannteste. Zumindest aber ist er der berühmteste aller Superhelden.

Bob Kane war der ursprüngliche Batman-Erfinder, der ihn gemeinsam mit dem Zeichner Bill Finger entwickelt hatte, nachdem er vom Herausgeber Vin Sullivan damit beauftragt worden war, eine neue Figur in Anlehnung an Jerry Siegels und Joe Shusters legendären Superman zu kreieren. In Detective Comics No.27 (1939) war es dann soweit für den ersten Auftritt, und ein Jahr später bekam der dunkle Ritter seine eigene Serie.

Batman bei seinem ersten Auftritt in Detective Comics #27

Und während Superman mit Superkräften ausgestattet gegen Korruption zu Felde zog, war Batman von Anfang an dunkler angelegt. Er war eine Figur, die direkt von den Pulpmagazinen beeinflusst war, von Zorro und dem Horrorfilm The Bat von 1926. Batman war ein seltsames Wesen der Nacht, das anfangs nicht davor zurückschreckte, Verbrecher zu töten, wenn sie es „verdient“ hatten. Damit ist er bereits als Spiegelbild seiner Ära ausgewiesen, die gemeinhin als positiv und doch desillusioniert angesichts des Zweiten Weltkriegs beschrieben wird. Die Gesellschaft war zerrissen und spröde, weder gut noch schlecht, so dass sich ein vierfarbiger Blick auf einen wohlhabenden Bürgerwehrler perfekt für die Kultur der damaligen Zeit eignete.

Kane beschrieb das Vorgehen, Batman zu einem Waisenkind zu machen, so:

“Bill und ich hatten es uns lange überlegt, dann aber kamen wir darauf, dass es nichts Traumatischeres gibt, als wenn deine Eltern vor deinen Augen ermordet werden.”

Indem sie ihren Protagonisten auf diese Weise von seinen Eltern befreiten, wollten Batmans Macher den Lesern ein Gefühl der Sympathie entlocken und ihrem Charakter einen dunklen und tief verankerten persönlichen Gerechtigkeitssinn verleihen. Dieser Gerechtigkeitssinn treibt Batman dazu, “der größte Detektiv der Welt” zu werden. Was seine Schöpfer vielleicht nicht bemerkten, war, dass sie darüber hinaus eine starke Figur entworfen hatten, die das Pathos der Dickens-ähnlichen Findelkinder mit dem Mythos des Selfmade-Mans in sich vereinte.

Die nächste Inkarnation des kostümierten Rächers kam seltsamerweise zustande, als im Silver Age die Verkäufe der Superheldencomics einbrachen. Batman bekam seine berüchtigte Fernsehserie und diese zeigte eine ganz andere Seite. Der hier vorgestellte Batman war kitschig, machte aber auch eine Menge Spaß; er war kindgerecht und vor allem veränderte er das Bewusstsein. Wenn man über die 1960er etwas in Erinnerung behalten kann, dann sind es – ob nun richtig oder nicht – die freie Liebe, Drogen und die Hippie-Jugendkultur, mit der man dieses Jahrzehnt verbindet. Diese Jugendkultur war offensichtlich lebensfroh, aber auch ziemlich verrückt und wie Adam Wests Darstellung des Batman-Charakters ausgelassen und ziemlich skurril. Während die Kinder an der komischen Action, den aufwändigen Todesfallen und den brillant agierenden Schurken wie dem Riddler, dem Joker, König Tut und Egghead ihre Freude hatten, wurden hier die Erwachsenen durch die Kakao gezogen. Für Kinder war diese Serie also perfekt. Gerade die alberne Natur des silbernen Zeitalters der Comics machte Batman zu einer der größten Ikonen der Popkultur in der Zeit vor Vietnam. Heute würden sich die meisten weigern, Batmans Bedeutung für diese Ära zuzugeben, aber wenn man genauer hinsieht, spiegelt Batman auch hier die Gesellschaft wieder, wie sie sich 1966 offenbarte. Darin liegt ein Geheimnis seines überragenden Erfolgs, denn das traf auf alle Inkarnationen Batmans zu und ist bis heute so geblieben.

Nach Adam Wests Eskapaden wurde er Titelheld vor allem in Cartoons, man zog ihn für Interaktionen mit anderen Warner-Figuren wie Scooby-Doo heran, weil Warner bis heute die Filmrechte an den DC-Figuren hält. Im Grunde war das die finsterste Zeit für das ganze Genre. Sicher, eine Handvoll DC-Helden bekämpften ihre Schurken, aber Batman wurde zu diesem Zeitpunkt sprichwörtlich zu einer lächerlichen, zu einer „komischen“ Figur.

Der dunkle Ritter

Neal Adams war es dann, der Batman in den späten 1960er Jahren wieder dunkler gestaltete, wobei sein detaillierter, realistischer Stil dem Charakter viel mehr Profil verlieh. Er bleibt einer der einflussreichsten Künstler, die jemals an der Figur gearbeitet haben. Dabei hat er Batmans Look für eine neue Generation von Comic-Fans erfolgreich aktualisiert.

Doch in den Köpfen von Kindern und Eltern blieb Adam Wests Interpretation weiterhin allein deshalb haften, weil das Medium Film auch damals schon eine größere Strahlkraft besaß und auch Leute erreichte, die mit Comics nichts anzufangen wussten. Bis ihn in den 1980er Jahren Frank Miller in die Finger bekam. Miller definierte mit dem komplexen „The Dark Knight“ neu, was ein Comicbuch über einen Superhelden leisten kann, und neben Alan Moores „Watchmen“ gelang es ihm, die Comic-Welt für immer zu verändern. Als Autor schrieb Miller Hardboiled-Geschichten, die in einer unglaublich dunklen Umgebung ihre Zähne zeigten. Zum ersten Mal seit den 40/50er Jahren war Batman wieder eine ernstzunehmende Größe und wurde ins Bewusstsein der Massen geholt. Es gibt in Millers Büchern ein Muster, das weit über das Comic-Medium und die Figur des Superhelden hinaus auf grundlegende Fragen verweist, weil man darin bereits eine spezifische Erwartung der bevorstehenden Katastrophe als Wahrscheinlichkeit begreift. Und die trat dann ja 2001 tatsächlich ein. Selbstverständlich stehen die Texte zu „The Dark Knight“ nicht im Zusammenhang mit irgendwelchen Terroranschlägen, aber sie treffen den Nerv des kulturellen Milieus, das die Bedeutung dieser Katastrophe hervorgebracht hat.

Millers dunkler Ritter steht nicht nur übermenschlichen Kriminellen gegenüber, sondern auch einer Gesellschaft, die nicht angemessen auf die Risiken reagiert, die ihre Existenz bedroht. Als der Superheld in den 1980er Jahren von Künstlern wie Frank Miller (aber auch Alan Moore und anderen) als tief widersprüchliche Figur neu interpretiert wurde, beinhalteten diese Dystopien damit eine kulturell komplexe Auseinandersetzung mit dem Risiko und wurden so zu einem integralen Bestandteil der Superheldenmythologie.

Doch zunächst führte diese Entwicklung 1989 erst einmal zu Tim Burtons Batman. Im Kino war das sozusagen eine Vorstufe, die erst bei Christopher Nolan und seiner Dark-Knight-Trilogie (2005 – 2012), die direkt mit Millers Interpretation korrespondierte, seinen Höhepunkt fand.

Batmans Entwicklung im Kino

Batman war nach dem Start des Superman-Franchise der nächste große Superheldenfilm (Superman hatten die Leute aufgrund der schlechten Umsetzung allerdings schnell wieder satt). Nach dem Wirtschaftsboom der 1980er Jahre wurde die westliche Welt mit der Grunge-Ära konfrontiert. Musikalische Acts wie Alice in Chains, Nirvana, Pearl Jam, The Pixies und The Melvins waren das Symbol für eine desillusionierte Jugend. Die bunte Welt der 80er war eindeutig vorbei. Eine düstere Ära stand bevor, in der sich viele ausgestoßen und hoffnungslos fühlten. Tim Burtos Batman markierte die Schwelle dieser Zeit, und es ist schwer zu übersehen, dass dieser comichafte Gothic-Held wieder einmal ein Spiegelbild der westlichen Stimmung war.

Als Batman in die Kinos kam, sahen die Fans einen neuen Batman, der ganz in Schwarz gekleidet war und den Mord an seinen Eltern rächen wollte. Dieser Gothic-Held war in allen Beziehungen ein Waisenkind, und angesichts der Haltung der westlichen Teenager zu dieser Zeit waren sie dieser Interpretation natürlich auch zugeneigt. Tatsächlich blieb Batman dank Burton eine ganze Weile im Gespräch, was auch auf Batman: The Animated Series übergriff. Für viele Kinder und Jugendliche war das die erste Begegnung mit dem dunklen Ritter. Man kann nachträglich von einer Renaissance sprechen.

Mitte der 90er Jahre begann sich die Welt noch einmal zu verändern. Rock und Grunge begannen aus unterschiedlichen Gründen aus den Charts zu fallen. Filme wie Natural Born Killers wurden durch Filme wie Titanic ersetzt. Britney Spears, N’Sync und The Backstreet Boys fanden ihren Weg in die Musikindustrie. Es dürfte klar sein, dass ein dunkler, ausgestoßener Held keinen Zulauf mehr finden würde. Die Wirtschaft boomte, die Dinge sahen gut aus, also musste sich Batman noch einmal ändern. Wir reden von einer weiteren schrecklichen Zeit und Joel Schumachers Batman Forever, gefolgt von Batman und Robin. In diesen Filmen ist Batman ein bunter, kitschiger Held und gibt ein Bild ab, das sich wieder einmal gut in die Zeit Ende der 90er/Anfang der 2000er fügt. Der Effekt der Knallbonbons war jedoch nicht lange aufrecht zu erhalten. Ein weiterer Wandel bahnte sich an.

In Batman Begins sehen wir einen widerwilligen Helden, der den Mord an seinen Eltern rächen will. Ein Typ, der in ein anderes Land ging, um hart zu trainieren, um die Fähigkeit zu erlangen, seine eigenen Dämonen zu bekämpfen. Laut Nolan gehören alle drei Filme der Trilogie einem ganz anderen Gerne an. Batman Begins stellt dabei die Reise des Helden dar, The Dark Knight eine Kriminalgeschichte, und The Dark Knight Rises einen Kriegsfilm. Nolan hat hier ähnlich wie Miller mit seinen Comics einen Markstein gelegt, der bis heute als Messlatte für Superheldenfilme gilt. Da spielt es auch keine Rolle, dass so ein Murks wie Avengers: Infinity War an der Kinokasse zum erfolgreichsten Film des ganzen Genres wurde. Ganz im Gegenteil bedeutet das nur, dass Nolans Batman wohl für eine sehr lange Zeit das Maß der Dinge bleiben wird, weil sich die Filmgesellschaften nicht genötigt sehen, ein so hohes Niveau zu erreichen. Die unterirdische Marvel/Disney-Kooperation ist vielmehr das Abbild der Tatsache, dass das Zuschauerniveau beständig sinkt.

Das Leben ist eine Reise

Batmans Gadgets sind nicht wirklich mit den Superkräften von Spiderman und Superman vergleichbar, aber Gothams Beschützer wird dennoch als der größte Comic-Held aller Zeiten bezeichnet. Die Leser des Magazins Comic Heroes wählten Batman 2012 zu ihrem Top-Comic-Helden, vor dem zweitplatzierten Spiderman und dem drittplatzierten Superman. Solche Listen und Umfragen gab es schon öfter. 2008 setzte das Empire-Magazine Superman an die Spitze, gefolgt von Batman und John Constantine. In Deutschland sähe eine solche Liste vielleicht ganz anders aus, was nicht zuletzt an einem traditionell erheblichen popkulturellen Defizit liegt. Da wäre wohl bereits eine Umfrage zum scheitern verurteilt.

Diejenigen, die im Laufe der Jahre eng mit der Batman-Figur gearbeitet haben, haben viele interessante Aussagen über die Bedeutung des Dunklen Ritters abgegeben. Die Idee der transformativen Anstrengung und Leistung ist dabei besonders reizvoll. Die ehemalige Chefredakteurin der DC-Comics Jenette Kahn schrieb:

“Batman ist ein gewöhnlicher Sterblicher, der sich selbst zum Superhelden gemacht hat … Durch Disziplin, Entschlossenheit und Engagement hat er sich zum Besten entwickelt. Ich dachte immer, das bedeutet, dass er alles sein kann, was er sein will.”

Neal Adams, der große Künstler des Silbernen Zeitalters, schrieb:

“Man darf nicht vergessen, dass Batman keine Superkräfte besitzt, Batman ist der einzige Superheld, der kein Superheld ist. Er ist ein Mensch mit einer Mission.”

Die Art der Mission ist vielleicht nicht wirklich das Schlüsselthema. Das Leben ist eine Reise, kein Ziel; und Batman kann uns zeigen, wie wir unseren Weg auf unseren eigenen persönlichen Pfaden fortsetzen können.

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Dies ist Teil 5 von 36 der Serie Helden, Versager und andere Ikonen

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